Eine Legende, die von "Edarion" in folgender Weise an den Lagerfeuern
erzählt wird.
Fiyss war selbst für einen Halboger ein ziemlich stattlicher Kerl. Er spielte seit langem mit dem Gedanken, sich einen größeren Wagen oder zumindest ein zusätzliches Pferdegespann zuzulegen. Diese Gedanken gingen ihm gerade jetzt wieder durch den Kopf, denn das Wetter war mehr als schlecht. Die 2 alten aber durchaus noch kräftigen Pferde mühten sich durch den Schlamm, der die alte Handelsstraße auf dem Weg von Loth Fehir nach Nos Garsi bedeckte.
Fiyss sprach ruhig und melodisch auf seine beiden Freunde (als die er seine beiden Pferde immer betrachtete) ein, doch sie schienen ihn heute nicht sonderlich zu beachten. Er entschied, daß sie einfach nur langsam alt wurden und diese Witterung ihnen doch ziemlich zusetzte. Er wußte nicht, daß Tiere häufig ein sehr gutes Gespür für bevorstehende Ereignisse besitzen.
Es war mittlerweile bereits etwa 4 Uhr am Nachmittag und der kleine Handelswagen näherte sich den südlichen Ausläufern des Kreuzgebirges. Obwohl er den vermeintlichen Schutz einer dünnen Plane als Schutz vor dem Regen hatte, war Fiyss bis auf die Haut durchnäßt. Er entschied, sich in den Gebirgsausläufern eine trockene Höhle für die Nacht zu suchen. Das würde auch den Pferden - sie hießen übrigens Nael und Kael - sicher gefallen und das hatten sie sich wirklich auch alle verdient. Na ja, vielleicht nicht alle. Maen, der Hirtenhund von Fiyss, lag schon den ganzen Tag faul auf den teuren Tuchen, die Fiyss in Nos Garsi verkaufen wollte. Er war noch komplett trocken und schlief. Gerade als Fiyss von der normalen Route abbog, um den Schutz des Gebirges aufzusuchen, wachte Maen auf und jaulte ganz leise ein wenig in den schon sehr dunklen Nachmittagshimmel. < Du bist wohl sehr hungrig geworden vom vielen Schlafen was > scherzte Fiyss, doch das war es nicht, aber das konnte Maen ihm leider nicht sagen.
Die Pferde machten nun plötzlich einen wesentlich agileren Eindruck auf Fiyss. Freuten sie sich womöglich auf ein trockenes Plätzchen oder wollten sie ihm mitteilen, daß diese außerplanmäßige Rast eigentlich nicht nötig war...
Sie brauchten noch etwa 3 Stunden bis sie tatsächlich eine geeignete Höhle gefunden hatten. Zwischenzeitlich dachte Fiyss schon daran, den ganzen Plan wieder aufzugeben, doch dafür war er nun auch schon wieder zu weit gereist. Die Höhle, die er nach Einbruch der Dunkelheit endlich fand, war relativ groß und bot genügend Platz für Pferde und Wagen. Es gelang Fiyss nach relativ kurzer Zeit - wenn man bedenkt, daß er kein Mann der Wildnis war - ein Feuer zu entfachen, denn glücklicherweise fand sich in der Höhle etwas trockenes Holz.
Fiyss`Stimmung besserte sich schnell, es war doch eine gute Idee, denn der Regen nahm keinesfalls ab. Fiyss war sogar der Meinung, daß er jetzt, da es Abend war, noch stärker geworden war. Seine Tiere teilten seine Zufriedenheit nicht, sie waren sehr unruhig und selbst Maen mochte sich nicht zum Schlafen legen. "Undankbare Viehcher" dachte Fiyss bei sich, während er seine gesamten Waren vor dem Schlafen noch einmal inspizierte. Dies war eine Eigenart von ihm. Immer, wenn er mit dem Wagen unterwegs war, machte er diese Inspektion, ansonsten konnte er nicht ruhig zu Bett gehen. So sah er sich jeden seiner Teppiche - auf die er besonders stolz war, denn er bekam sie exklusiv von Memdin, einer Ceyth Qiuba, die für ihre Spitzenqualität mehr als berühmt war. Und er hatte immer das Erstkaufrecht an ihrer neuen Ware, da er im Gegenzug ihren gesamten Briefverkehr und sonstige Verbindungen zu ihrem Clan, dem Clan der Mim, übernahm - ganz genau an, denn sie durften auf keinen Fall dem Regen ausgesetzt werden, das würde den Verkaufspreis stark drücken. Ferner inspizierte er seine Kerzen, Krüge, Tränke, Kräuter, und seinen weiteren Verkaufsschlager für die Pferdeliebhaber aus Nos Garsi, seine von Zwergenschmieden hergestellten Spezialhufeisen. Die Zwerge hatten schon seit vielen Jahren einen mehr oder weniger regen Handel mit Loth Fehir aufgebaut und sie waren in ganz Chemlon dafür bekannt, die besten Schmiedearbeiten abzuliefern, die man sich nur vorstellen konnte.
Als er sich gerade in dem kleinen, aber ungemein kunstvoll angefertigten Wappen des großen Zwergenclans von König Tarus Blutherz verlor, hörte Fiyss plötzlich ein Geräusch, das sogar durch den prasselnden Regen vom Höhleneingang her zu hören war.
Er drehte sich rasch um und griff nach seinem Stock - dies war seine einzige Waffe, denn er haßte Waffen und hatte auch niemals welche in seinem Sortiment - und bewegte sich ein wenig weg vom Lagerfeuer. Nach einem kurzen Augenblick, der dem gutmütigen Händler wie eine Ewigkeit vorkam, trat ein großer Mensch in einem dicken Mantel in die Höhle. Er hustete und wischte sich sogleich den Regen aus dem Gesicht. Er hatte ein sehr freundliches Gesicht, doch sah man ihm an, daß er schon einige Strapazen durchlebt hatte.
< Hallo Freund,
erschreckt nicht, ich will Euch nichts Böses tun! > sagte der Fremde.
Fiyss war erleichtert, zum einen weil der Mann allein war und zum anderen,
weil er scheinbar keine bösen Absichten hatte. Sicher konnte er dies nur vorgeben
aber Fiyss war Händler und er hatte schon so manchem schwierigen Handelspartner
gegenüber gestanden und stets hatte ihm seine gute Menschenkenntnis bei der
Einschätzung dieser Personen geholfen. Er war sich sicher, eigentlich war
er sich noch nie so sicher, daß dieser Mann ihm nichts Böses wollte.
< So kommt herein und wärmt Euch an meinem Feuer, Ihr scheint etwas Wärme und Trockenheit gut gebrauchen zu können. > rief Fiyss dem Fremden zu. < Es freut mich, hier in dieser ungastlichen Gegend eine solch ausgeprägte Form der Gastfreundlichkeit vorzutreffen, ach übrigens ich heiße Khal, Shaq Khal > entgegnete der Fremde und begab sich zum Lagerfeuer. Fiyss gesellte sich zu ihm und stellte sich ebenfalls vor. Er war im nachhinein eigentlich ganz zufrieden, hatte er doch eine nicht geplante Möglichkeit, sich mit einem anderen Wesen zu unterhalten und das auch noch in einem solch ausgedehnten Maße, denn die beiden verwickelten sich schnell in ein äußerst anregendes Gespräch. Zunächst ging es um die nähere Umgebung, dann die Ziele von Fiyss`Reisen und schließlich erzählte Fiyss von seiner Heimat und seinen Freunden. Vergessen war der Wunsch zu schlafen. Fiyss holte etwas Tee und einen Beutel mit Pfeiffenkraut und so erzählten Sie sich noch einige Geschichten und kurz vor Mitternacht sangen sie sogar einige Lieder gemeinsam. Es war ein sehr netter Abend aber schließlich wurde Fiyss doch müde, aber Khal wollte ihm noch eine Geschichte erzählen, diese war sehr lang und so mußte es schon beinahe Mitternacht gewesen sein, als Khal endete.
< Ach, > schloß er, < so gut habe ich mich eine Ewigkeit nicht mehr unterhalten >, und Fiyss konnte nicht ahnen, wie sehr er damit Recht hatte. < Ich möchte Ihnen als Dank und zum Abschluß dieses Abends noch einen ganz besonderen Gefallen erweisen > fügte er rasch hinzu, denn Fiyss wollte sich gerade in seine Schlafdecke kuscheln. < Ich habe hier ein ganz besonderes Spiel, und es dauert gar nicht lange >
Ohne daß Fiyss etwas entgegnete holte Khal aus seinem Reiserucksack eine kleine sehr kunstvoll mit merkwürdigen Zeichen verzierte Schatulle hervor. Fiyss war sehr gespannt, denn schon machte Khal sich daran die Schatulle zu öffnen. Zu seiner Überraschung holte er ein ganz profanes Kartenspiel heraus, wie er es scheinbar schon ein Dutzendmal gesehen hatte. Seine Neugierde sank abrupt. Doch Khal war jetzt in einer beinahe ekstatischen Erregung. < Hier zieh` eine Karte > sagte er ohne zu beachten, daß sie sich eigentlich noch nicht das "Du" angeboten hatten. "Was soll`s, wenn es ihn glücklich macht" dachte Fiyss und zog eine Karte und deckte sie auf. Khal war völlig auf die Karte fixiert, entspannte sich aber schnell, als er sie sah. Fiyss schaute ihn fragend an. Kahl zeigte mit einer Hand auf eine Stelle neben Fiyss`Wagen. Dort stand ein Beutel, der vorher nicht dort war. Fiyss war erstaunt und sah Khal noch fragender an. < Es ist kein normales Kartenspiel > sagte Khal ganz ruhig, < es ist verzaubert! >.
Nun war Fiyss`Interesse geweckt. Er hatte zwar nie besonders viel für Magie übrig gehabt aber er wollte nun doch wissen, was in diesem Beutel war, der wie ein miniaturisierter Kartoffelsack aussah, mit seinen vielen Ausbeulungen.
Er stand auf und ging zu dem Beutel. Langsam knöpfte er das Verschlußband auf und betrachtete den Inhalt. Er traute seinen Augen nicht, der Beutel war randvoll mit Juwelen...
Nie in seinem Leben hatte er einen solchen Reichtum auf einem Haufen gesehen. "Ich muß nie wieder arbeiten, ich kann mir neue Pferde kaufen, aber ich mag meine alten ja eigentlich, ich kann mir einen neuen Wagen kaufen, ich ... ich kann mir alles kaufen, was ich will!" waren seine ersten Gedanken, die ihm so durch den Kopf gingen, beim Anblick des Beutelinhalts. Es dauerte eine Weile, bis er sich wieder unter Kontrolle hatte und in den Lichtkreis des Feuers zurückkehrte. Khal saß genau so da wie vorher. Er verzog zunächst keine Mine aber ganz langsam sammelte sich eine neuerliche Anstrengung in seinem Gesicht und er sagte < zieh` noch eine >. Fiyss war jetzt völlig verwirrt. < Ja geht denn das? > wollte er wissen. < Du darfst bis zu 4 Karten ziehen so sind die Spielregeln. > "Spielregeln" hallte es in Fiyss`Kopf wider. "Na ja, ist ja nur ein Spiel" dachte er bei sich und zog erneut...
Er wußte nicht, wann er aus seinem trance-ähnlichen Zustand erwachte, aber er war mehr als froh, denn es war ein abscheulicher Alptraum, den er hatte, in welchem ein böser Dämon ihm seinen Haß auf ihn offenbarte. Aber es war ja nur ein Traum oder. "Komisch" dachte Fiyss bei sich, denn jetzt, da er wieder bei Sinnen war, saß er immer noch da und starrte auf die 2. Karte, die er in seinen Händen hielt. Er wußte nicht wie spät es war, aber das Spiel hatte ihn in seinen Bann gezogen und schon hielt Khal ihm auf ein neues den Kartenstapel hin, auf das er eine ziehen mochte. Und er tat es. Er wußte gar nicht genau warum aber er mußte unbedingt noch eine ziehen und es hallte "2 darfst du noch" in seinem Kopf.
Nachdem er die Karte gezogen hatte passiert zunächst gar nichts. Er wartete und starrte die Karte an. Plötzlich fiel ihm auf, das sich seine Hand, mit der er die Karte hielt, verändert hatte. Voller Schreck ließ er die Karte fallen. Nun betrachtete er die Hand eingehender. Die Pigmentierung hatte sich geändert, außerdem waren weniger Falten und Abschürfungen zu sehen, die er sich bei seiner Arbeit im Laufe der Jahre zugezogen hatte; die Hand sah einfach ... besser aus. Ja tatsächlich, sie sah besser aus. Der Schrecken verflog und er betrachtete seine andere Hand und seine beiden Arme. Auch diese sahen eindeutig besser aus als vorher. Er sprang auf und eilte zum Wagen, wo er einen Spiegel hatte. Er wühlte ihn hervor und rannte zurück in den erfreulichen Schein des Lagerfeuers. Als er sich sah mußte er unweigerlich blinzeln, er konnte es kaum glauben, aber scheinbar war er es wirklich nur war er auf einmal unglaublich gutaussehend.
Plötzlich schoß ihm ein fürchterlicher Gedanke durch den Kopf "Es ist nur ein Spiel!!! Was, wenn am nächsten Morgen alles wieder verflogen war? Nein, das durfte nicht sein..." Aber er mußte sich versichern. < Wie kann das sein, es ist doch nur ein Spiel, wird alles morgen wieder verschwinden oder ist es nur ein Traum? > Khal war ganz ruhig, < nein, es ist alles echt und nichts, was das Spiel Dir beschert verschwindet wieder, gar nichts; also zieh` Deine letzte Karte! >. Khal stand der Schweiß auf der Stirn und er schien beinahe vor Anspannung zu zerplatzen aber das merkte Fiyss nicht, er dachte nur an die letzte Karte. Und dann zog er sie...
Diese Karte war irgendwie anders. Sie war eine übliche Spielkarte aber sie fühlte sich trotzdem anders an. Sie würde nichts gutes bewirken, das wußte er sofort. Er ließ sie ganz schnell los. < Ich glaube ich will doch lieber nur 3 > sagte er und schaute hoch in das Gesicht von Khal und wurde bleich.
Dort wo eben noch Khal saß, hockte nun ein Mensch, der abscheulich aussah, fast so als wäre der Teufel höchstpersönlich sein schlimmster Feind. Er war alt, sehr alt und seine Haut bröckelte von seinen Knochen. Seine Augen waren schwarz und seine Haut, sofern sie noch vorhanden war, stellte ein sehr helles Grau dar. Aber das Schlimmste an dieser Kreatur war das Lachen. Sie schien Fiyss auszulachen und die feuerrote, viel zu lange Zunge vibrierte dabei. < Endlich > schrie das Wesen, immer wieder < Endlich !!! >. < Nach über 400 Jahren wieder frei !!! >.
"400 Jahre Gefangenschaft" schoß es Fiyss durch den Kopf. Wie war das denn wohl gemeint? < Hey Du, was meinst Du damit? > rief er dem Wesen hinterher, das bereits dabei war, lachend die Höhle zu verlassen.
< Der Fluch ist jetzt auf Dich übergegangen, die Regeln kennst Du ja, Du wirst den Fluch erst wieder los, wenn Du mit einem anderen spielst, und dieser die eine Karte zieht. Und glaube mir, das kann lange dauern, sehr sehr lange. Aber das braucht Dich nicht zu kümmern, denn so lange der Fluch auf Dir lastet, glaube mir, denn das ist das einzig Gute, wirst Du nicht sterben. Das wäre viel zu einfach. Also, ich muß jetzt gehen, vielen Dank nochmals. > Nun lachte die Kreatur noch lauter. Fiyss war verzweifelt. Das konnte doch nicht sein, er war einem Dämon in die Falle gegangen oder etwas Schlimmerem, oder doch nur seiner eigenen Gier erlegen.
Er konnte es nicht
glauben, seine gesamte, heile kleine Welt brach zusammen. Seine Gedanken überschlugen
sich, als er ganz allein in der Höhle zurückblieb.
< Aber das kann doch nicht sein, es war doch nur ein Spiel !!! > schrie
er dem Wesen verzweifelt hinterher. Niemand hörte ihn schluchzen...
Er wurde verrückt vor Angst, niemals hatte er solche Angst verspürt. Er Schlief diese Nacht nicht, und es machte ihm nichts aus. Er dachte, es würde schon irgendwie alles gut werden aber das würde es nicht. Er ließ seine Waren und seine Tiere zurück, bückte sich nur noch einmal kurz, hob etwas auf und verließ dann die Höhle. Es war die Schatulle mit den Karten, die er aufhob. Liebevoll steckte er sie ein und machte sich auf den Weg ins Innere des Gebirges. Warum er diesen Weg einschlug, wußte er nicht, er wußte von nun an eh nicht mehr viel, denn das einzige was er die nächsten Jahrzehnte über dachte, war: "Es war doch nur ein Spiel !"