Mein Name ist Bragda,
Sohn des Bragda, Häuptling der Beondren, Führer des Barbarenzuges
der Steppe von Que`Shu.
Diese Zeilen schreibe ich, um einige Aufzeichnungen, die mein ehrenwerter
Wegbegleiter, der allseits hochgeachtete Freund EnRhed von den Fällen
des Mirond in der Schule des Wissens, der Shon`Jir, aufbewahrt, zu ergänzen.
In den Mythen der Barbaren heißt es, zu Anbeginn der Zeit hat Tarman,
der Vater aller Barbaren, die Steppe in Besitz genommen. Als nur wenige
Lebewesen Chemlon besiedelten, wandelten die Götter mitunter noch
auf Erden. So kam Gonnth in die Steppe und wurde von seinem treuen Diener
Tarman in seiner Heimat begrüßt. Gonnth fragte ihn, wieso er
so anmaßend sei, die Steppe seine Heimat zu nennen. Er nahm einen
großen Fels und schmetterte ihn auf den Boden danieder. Ein riesiger
Krater mit einer kleinen zentralen Anhöhe entstand. Gonnth setzte
sich auf diese und sprach, dass Tarman als guter Krieger erst einmal die
Steppe von bösen Wesen reinigen muss, damit er im Schatten des Antlitzes
von Gonnth das Recht habe, die liebliche Gegend seine Heimat zu nennen.
Ein Barbar zeigt Gonnth gerne seine Treue, und Tarman kämpfte zu
Freuden des Gottes gegen die nacheinander erscheinenden Unwesen und ersten
Verunreinigungen Chemlons wie ein ganzer Stamm. Nach mehreren blutigen
Stunden in der Gluthitze von Tarmans Krater schwanden seinem treuen Reittier
nach unglaublicher Leistung die Reserven. Mit einem letzten Kraftakt fügte
es dem größten Widersacher erheblichen Schaden zu, wurde daraufhin
von ihm jedoch niedergestreckt. Tarman verfiel in Raserei und schlug dem
Gegner mit einem Hieb den Kopf ab. Seine Tränen über den Verlust
des teuersten Gefährten vereinten sich mit dessen Blut und rannen
zu dem Fels, auf dem Gonnth saß. Dieser vergoss aus Anerkennung
der treuen Dienste von Tarman und seinem bärenartigem Reittier Sham`Har
eine Träne der Freude, die mit den anderen und dem Blut in den Kraterboden
sickerte und unter dem Hügel die Sham`Har Höhle langsam erschuf.
Der dort befindliche See in der Höhle wird seitdem die Träne
Gonnth`s genannt. Gonnth schenkte Tarman einen Ring aus dem Fels, den
er warf, als Zeichen des rechtmäßigen Anspruchs auf die Steppe
von Que`Shu als Heimstätte der Barbaren. Tarman hatte als Erinnerung
an Sham`Har die Fähigkeit, sich in einen Bären zu verwandeln.
Daher rührt auch laut der Sagen unseren Altvorderen unserer Name
Bärenmenschen her. Seinen folgenden treuen Gefährten hieß
der Vater aller Barbaren Que`Shu. Sein Name war und ist der Name der Heimat,
und die Heimat ist sein Name.
Mein Vater, der große Bragda, fühlte sich wie jeder direkte
Nachkomme Tarmans und Träger des bedeutenden Ringes Gonnth auf Leben
und Tod verpflichtet. Er schaffte es auf eine sehr erfolgreiche Art und
Weise als Führer des jährlichen Zuges der Barbaren durch gezielte
Barbareneinfälle in das Umland von Que`Shu Gonnths Willen auch über
die Steppe hinaus zu verwirklichen, wo dieses von Nöten erschien.
Die Ergebenheit zu unserem Geliebten ließ meinen ach so mutigen,
im Jenseits auf Ewigkeit erfolgreich streitenden und siegenden Vater Bragda
zu einem teilhabenden Spieler des Spieles der Götter, dessen Erklärung
mir hier nicht obliegt, werden. Sein weiteres Wirken ist in anderen Schriften
weiter festgehalten.
Mit dem letzten und dem endgültigen Weggang unseres stärksten
Häuptlings der Beondren und dem Führer des Zuges der Barbaren
der Que`Shu Steppe ging nicht nur unsere Garantie für Sicherheit
und Stabilität in der Steppe verloren, auch die Stammesinsignien
der Beondren,
der Ring von Tarman, dem Vater aller Barbaren, ist seitdem verschollen.
So musste ich in der Abwesenheit stellvertretend für Bragda als direkter
Nachfahre von Tarman und Beondre mit der Fähigkeit, sich in einen
Bären zu verwandeln, die Aufgaben Bragdas als ältester Sohn
übernehmen. Diese Berufung ist mir nicht fremd, und ich war häufig
schon der Führer der Beondren in Tarmans Krater, wenn der ehrenvoll
im Kampf gegangene Bragda den Zug der Barbaren geleitet hat. Als das Gehen
meines geliebten Vaters gesichert war, ließ ich ihm und Gonnth zu
Ehren ein Fest ausrichten. Das letzte in der dunklen Zeit in der Steppe
von Que`Shu.
Seit Beginn der Dunkelheit fanden die Stämme der Barbaren durch böse
Magie keine Einigkeit mehr untereinander. Das Fehlen eines mächtigen
Kriegers als Häuptling aller Stämme wie Bragda tat sein restliches.
Ich als stolzer Steppenreiter mit meinem Draktar namens Wargat tat viel
Gutes für meinen Stamm der Beondren. Taten, die Gonnth mit Wohlgefallen
wahrgenommen hat. Wie mein Vater erhielt auch ich als Häuptling der
Beondren von einem seltsamen Wandersmann, der es Wert war, in die Sham`Har
Höhle zu der Träne Gonnths vorgelassen zu werden. Dort sollte
ich, Bragda, Sohn des Bragda, meinem stolzen Barbarenvater folgen und
ein Spieler Gonnth`s werden.
Trotz meines stetigen Zugewinns an Erfahrung gelang es mir nicht, als
Häuptling der Beondren und direkter Nachfahre von Tarman die Barbaren
der Steppe von Que`Shu zu einen und sie gegen den dunklen Sturm zu Felde
zu führen. Die Ältesten der anderen Barbarenstämme forderten
ein Zeichen meines Anspruches, welchen ich ohne Tarman`s Ring nicht vorweisen
konnte.
Wie das Schicksal es wollte, wurde ich nachfolgend durch göttliche
Fügung zu meinen neuen Weggefährten geleitet. Somit konnte ich
auch nicht weiter an dem Schicksal der Sham`Har Höhle und der heimatlichen
Steppe teilhaben.
Mein weiteres Wirken ist in den Schriften festgehalten, die es mit diesem
Papier zu ergänzen gilt.
Nun soll hier nur noch kurz beschrieben werden, was mir, Bragda, Sohn
des Bragda in der Zeit seit der Trennung von meinen neuen Freunden widerfahren
ist.
Mein treues Draktar Wargat und ich vermissten die heimatliche Steppe und
die Ungewissheit über die Situation meines Stammes der Beondren ließ
mir keine Ruhe. Und mein neuer besonderer Freund Fagaan, das frisch geschlüpfte
Drakobaby, kannte unsere Heimat und die heilige Sham`Har Höhle noch
nicht einmal.
Auf unserem langen, beschwerlichem Weg dahin durch die Weiten Chemlons
trafen wir auf eine schwach geschützte Zirkustruppe namens das Lächeln
Chemlons. Diesen kam ich mittels eines Sturmangriffes mit Gonnths Wohlwollen,
Wargats Hilfe und dem Ausruf `Platz da für Bragda auf seinem Draktar`
gegen ein halbes Dutzend Dämonen der Schwerter gerade noch rechtzeitig
zur Hilfe. Neben einem vorlauten, aber doch sehr sympathischen Illusionisten
zeigte mir ein Älterer seine Dankbarkeit für die Tötung
der Dämonen durch mich. Genauso wie ich die Not in meiner Nähe
und die Anwesenheit von Wesen der Niederwelt gespürt habe, genauso
intuitiv erhielt ich von dem zahnlosem Greis ein Pergament. Auf diesem
war ein Ort in der Salzwüste südwestlich der Que`Shu Steppe
gekennzeichnet. Und er stammelte nur die Worte `Lure von Beth`Nor`. Mir
war der Name sofort ein Begriff!
In meinen Kindheitstagen hörte ich an den Lagerfeuern in Tarmans
Krater zum ersten mal die
Legende vom großen Barbarenhäuptling Retang dem Nachtragenden,
der als einziger
Bärenmensch in dem großen Krieg gegen die Elfen ein Heer der
Menschen geführt hat. Er hat seine Streitmacht in einen aussichtslosen
Kampf gegen eine mehrfache elfische Übermacht gelenkt. Doch der Sieg
war von äußerster Wichtigkeit für den Kriegsverlauf. So
ritt Retang seine Lure blasend den feindlichen Linien im Sturmangriff
entgegen und spornte dadurch seine Mannen zu übermenschlichem Kampfesrausch
an. Sein Horn schallte und forderte den feindlichen Heerführer zu
einem Zweikampf heraus, in welchem Retang den schäbigen Dunkelelf
tötete. Und das Gemetzel ward unter großen Verlusten gewonnen,
der Feind in die Flucht geschlagen und die Lure wurde von Stund an nur
die `Lure von Beth`Nor`, nach dem Schlachtfeld genant. Der steppenreitende
Barbar setzte das silberglänzende Horn, welches ein in einem Bärenkopf
mit aufgerissenem Maul mündendes Ende besitzt und einen Klang verbreitet
wie der Sturm einer heranpreschenden Horde von waffenziehenden Barbaren
noch häufig ein.
Sollte ich da über den vergessenen Aufenthaltsort dieses Schatzes
informiert worden sein? Auf dem Weg gen Heimat nahmen wir bereitwillig
den kurzen Umweg in die Salzwüste auf uns. Dort konnte ich mich von
der Richtigkeit der Karte überzeugen und unter Widrigkeiten, die
ich hier nicht näher ausführen möchte, wurde ich Träger
der `Lure von Beth`Nor`.
Als das eigentliche Ziel der Reise erreicht war, musste ich sehen, dass
mein Stamm sich immer noch nicht von dem Angriff auf die Sham`Har Höhle
erholt hat. Jedoch schöpften sie Kraft durch die Anwesenheit meines
Begleiters Ta`Gan, der sein mögliches neues Zuhause, die Sham`Har
Höhle, deren Hüter er vielleicht einmal wird, kennen gelernt
hat.
Nach einigen Monaten konnte ich eine große Tingfeier der Stammeshäuptlinge
der Barbaren in Tarmans Krater unter Schwierigkeiten organisieren und
abhalten. Mittels meiner Ausstattung mit den Reliquien des sagenhaften
Retang und nicht zuletzt durch die alleinige Anwesenheit von Ta`Gan, der
sich zu dem Zeitpunkt noch in dem Schatten meines Draktars verstecken
konnte, schaffte ich es, eine geeinte und erstarkte Kraft in der Steppe
von Que`Shu zu formieren. Seit diesem Zeitpunkt bin ich gleich meinem
Vater Bragda Führer der Barbaren der Steppe von Que`Shu.
Ein Anfang war getan, dass die Krieger und Reiter der Steppe wieder Hoffnung
schöpften und die Nähe Gonnths spürten!
Nun haben diese wahrhaft wichtigen Aufgaben viele Monate in Anspruch genommen,
sodass ich mich, als ich diese Zeilen schreibe, auf Wargat mit Ta`Gan
neben uns auf dem Weg zu meinen Freunden befinde. Nebst weiteren Diensten
für Gonnth beseelt mich nur der Wunsch, den Ring von Tarman an der
Hand meines Waffenarmes zu tragen. Dann ist der Stamm der Beondren sicherlich
in dunklen Zeiten wieder geschützt.
Mögen diese Zeilen das Legendenbuch von Thibaud von Chartre ergänzen
und dem interessierten Scholaren die Geschichte des Bärenmenschenstammes
der Beondren und der Barbaren der Steppe von Que`Shu und ihrer Bedeutung
in der Geschichte von Chemlon näher bringen.
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