3. Nippur
kam nach zwei grausamen Tagen auf See am Abend des 9.4.704 in Sicht. Obwohl
Scharta das Ganze etwas positiver beschreiben würde - er juchzte
und frohlockte, seit wir mit dem ablaufenden Wasser Aynua verlassen hatten
und freute sich doch tatsächlich, als zeitweise kein Land mehr zu
sehen war und die Wellen hoch wie Häuser wurden - Isagrasel und Gonnth,
steht mir bei. Gleich nach der Landung am frühen Morgen gaben wir
dem Hafenmeister ordentlich Provision, damit er auch gut auf unsere Schaluppe
aufpasst. Danach musste ich erstmal meinem treuen Ky'Laani etwas Auslauf
geben, denn nach diesem Höllentrip auf dem engen Boot, lieber kämpf
ich gegen jeden Dämonen Chemlons, braucht jeder normale Mensch und
jedes Tier Bewegung. Nach einer Stunde durchschritten wir die Stadttore
von Nippur, im Vergleich zu Aynua fast ein Paradies. Viel weniger Menschen,
es war sauberer und kaum Wachen zu sehen, dafür aber der Überfall
einer Horde feiger Diebe auf einen Transport - direkt vor unserer Nase,
dumm gelaufen. Scharta netzte einen Räuber ein, der bewegungsunfähig
am Boden liegen blieb und erstach einen weiteren. Bainar brachte einen
unter seine Kontrolle, die restlichen Neun schlug ich mit einer einzigen
Wirbelwindattacke allesamt zu Boden - ein schönes Talent. Meine Aufforderung
an die Diebe sich lieber schnellstens zu verkriechen brauchte ich nicht
viel Nachdruck zu verleihen, wie der Wind flohen sie in alle Himmelsrichtungen.
Der Transport und die Wachen gehören zum Truchsess von Nippur, Darien
Eldamar, dem ehemaligen König von Nosgarsi, über den man aus
früheren Legenden schon einiges gehört hatte. Die Wachen waren
uns sehr dankbar und forderten uns auf, mit ihnen in die Burg zu kommen,
da der Herr von Nippur mit so heldenhaften Abenteurern gerne mit einem
guten Tropfen anstößt.
Bei einem hervorragenden Wein und einem guten Bier konnte uns der dankbare
Truchsess einige nützliche Informationen geben, nachdem er viele
Fragen über Aynua und den Stand der Dinge dort stellte. Von dem Eklat
mit Binaja wusste der Truchsess schon und er erzählte uns etwas über
den rätselhaften Gegenstand. Es ist der legendäre "Talisman
von Nitra" mit einem riesigen einzigartigen Edelstein in der Mitte,
den er König Timal hätte bringen sollen. Die Legende sagt, dass
der Talisman im Besitz eines sehr alten und mächtigen Wesens war
und Binaja hatte gequestet, diesen Gegenstand zu holen. Zudem konnte der
Herr von Nippur uns noch einige Infos zu Assassinen und Dieben geben,
die ja leider ziemlich in die Sache verwickelt sind. Die Assassine erhalten
ihre Aufträge über Gildenbretter und somit könnte man eventuell
einen Kontakt herstellen. Da er die Diebesfürsten von Aynua und Nippur
kennt, wäre es zumindest möglich, ein Treffen mit Brakk, dem
König der Diebe von Nippur, zu arrangieren. Sein Kollege in Aynua,
der blinde Lord, ist dagegen im Moment unauffindbar. Wir versprachen unserem
netten Gastgeber, ihm alle Neuigkeiten zu berichten und verließen
aufgrund des guten Tropfens leicht angesäuselt die Burg.
Mit einer Vollmacht des Truchsesses machten wir uns am nächsten Tag
auf zur großen Bibliothek von Nippur, die noch um ein Vielfaches
größer ist als die in Aynua, und erhielten dort jede Unterstützung
für unsere Suche. Dort erfuhren wir, dass Nitra ein alter Dieb war,
der den Talisman für besonderes Verhandlungsgeschick verliehen bekam.
Der eingefasste Edelstein ist auf jeden Fall magisch und von unbekannter
Herkunft. Zu finden war weiterhin ein Bericht, der aussagt, dass der Talisman
nicht mit seinem Besitzer beerdigt wurde. Er gibt aber Auskunft über
die letzte Ruhestätte seines Besitzers, in der sich haufenweise Artefakte
und Schätze aller Art befinden sollen (war ja auch ein großer
Dieb = großer Hort). Am Ende dieses Tages kamen wir zu dem ungemein
weisen Schluss, dass die ganze Geschichte mit Vrokk, Binaja und A3 auf
jeden Fall zusammenhängt.
Das Treffen mit Brakk, dem König der Diebe von Nippur, war am nächsten
Tag, dem 12.4.704. Leider könne er uns nur dann weitere Informationen
geben, wenn wir ihm als große Helden bei einem "kleinen"
Problem weiterhelfen könnten. Da wir natürlich annahmen, war
eine Frage im Voraus gestattet: "Welches ist das Ziel von A3?"
- "A3 wurde von dunklen Mächten beauftragt drei Männer
in Chemlon zu töten, die das Schicksal des Südens prägen
werden."
4. Mit Riesen
sollte man auch jeden Fall nicht spaßen, denn die sind mächtig
stark und haben einen ordentlichen Wumms in ihrer Keule. Wäre diese
Grundregel besser beachtet worden, hätten die Dinge vielleicht einen
anderen Verlauf genommen. Im Auftrag Brakks zogen die Gefährten sieben
Tage über die Insel von Nippur und fanden am 18.4.704 die Höhle
des Riesen, der Brakks "kleines" Problem war. Dieser überfiel
regelmäßig Gebiete, die in Brakks Interessengebiet lagen, mehr
wollte er uns dazu nicht sagen. Schleichender Weise näherte man sich
der Höhle, was leider fehlschlug, da alle keine großen Heimlichtuer
waren. Plötzlich stand der viel zu groß geratene Hüne
mit einer mächtigen Keule direkt vor der Gruppe. In einem brutalen
Kampf fallen sowohl Scharta als auch Boz. Bainar versuchte alles dem Riesen
Paroli zu bieten, das Ende war nahe, als plötzlich aus ihrem Versteck
Qui'Lana herausgestürmt, oder besser, herausgeflogen kam, denn es
war eine Ceyth Qiuba Windmeisterin (warum ist sie eigentlich nicht sofort
herausgekommen?). Groß wie ein Zahnstocher des Riesen stürzte
sie sich auf ihn und gemeinsam mit Bainar konnte der Hügelriese besiegt
werden. Scharta, der wieder zu Bewusstsein kam, gerät sofort mit
der Windelfin aneinander, was damit endet, das die Ceyth Qiuba eingenetzt
wurde und wahrscheinlich beide nicht mehr wissen, warum sie sich eigentlich
in die Haare gekommen sind.
Große Trauer brach aus, als klar wurde, dass der große Schwertmeister
Boz für immer in die ewigen Kampfgründe Gonnths übergegangen
war. Er wurde ehrenhaft begraben und in seinen Grabstein folgende Inschrift
eingemeißelt:
Hier ruhtder große
Held Boz, Dichter und Meister des Schwertes vom Orden der Kobra, Behüter
der Könige der Kedaessa und Bezwinger Molkotts hat hier seinen Platz
in den ewigen Kampfgründen Gonnths gefunden!Hoch aus dem Norden,
dem Reich der Kedaessa, da komm ich her,Meister des Schwertes, im Kampf
wie kein Zweiter behänd,vom Hofe des glorreichen Königs Sayd
nahe dem Eismeer,Verfechter der Schwüre des Ordens der Kobra, dem
Dämonenend.
Das Ky'Laani, das
edle Reittier sollte zurück auf dem Festland der Freiheit übergeben
werden und dann selbständig den weiten Weg in den hohen Norden Chemlons,
zurück zu seiner Herde, finden.
An dieser Stelle sollte sich die Frage aufdrängen, wer denn die letzten
Zeilen dieses anregenden Werkes verfasst und die Erzählungen des
wortgewandten Boz weiter geführt hat. Meine Person ist weniger redselig,
dafür aber wesentlich größer. Ich bin ein Halboger von
der schönen Insel Gol, der Nachbarinsel Nippurs. Man nennt mich "Obaron"
und ich komme von den mächtigen Schmieden Mols, im Herzen der Insel.
Mein Vater und Ausbilder ist Gabaron, der größte Schmied, der
jemals auf Gol geschmiedet hat. Erst kürzlich, an meinem fünfhundertsten
Geburtstag am 7.1.701 habe ich die Insel verlassen und bin die Wanderschaft
angetreten, um die Welt kennen zulernen. Diese Wanderschaft ist üblich
in meinem Volk, auch wenn man selten welche treffen wird, denn wir sind
nicht sehr zahlreich und nur etwa alle 50-100 Jahre geht ein Halboger
von den Schmieden Mols auf Wanderschaft. Die Dauer dieser Wanderschaft
ist sehr unterschiedlich, aber man weis, wenn die Zeit zurückzukehren
gekommen ist, um auf Gol eine Familie zu gründen. Natürlich
ist es nicht verboten, wenn man in der Gegend ist, seine lieben Verwandten
zu besuchen. Nachdem ich einige zeitlang über Nippur gewandert bin,
trat ich die Reise zum Festland an und erreichte Aynua. In Aynua arbeitete
und lernte ich beim großen Meisterschmied Wromgart, der mich mit
dem weisen Tan' y' Gan bekannt machte. Dieser wohnt in einem Kloster in
der Nähe von Aynua und gab mir im April dieses Jahres den Auftrag,
eine Gruppe von mutigen Abenteurern zu finden, die einige Tage zuvor Richtung
Nippur abgereist waren. So nahm das Schicksal seinen Lauf.
Die quirlige Qui'
Lana überredete den Rest der Gruppe, den Gefährten des Riesen
ebenfalls zu bezwingen, denn damit würde ihrem Windelfenclan geholfen
werden, da Riesen besonders gern zartes Ceyth Qiuba Fleisch als Nachspeise
essen. Zudem sollte dieser Riese einen schönen Hort in seiner Höhle
haben. Also zwei wichtige Gründe, auch für dezimierte Helden,
zur Tat zu schreiten. Nach acht Tagen der Wundgenesung und zwei weiteren
Reisetagen erreichten sie am 28.4.704 die Höhle des anderen Riesen.
Ähnlich unbedarft wie beim ersten Riesen begaben sich die Helden
in den wagemutigen Kampf und fast wäre es ihr Ende gewesen, wenn
ich nicht gerade noch rechtzeitig ihre Spur gefunden hätte und als
zwei Leute schon am Boden liegen den Kampf in der Höhle zu einem
guten Ende bringen konnte. Knapp entrannen die beiden Gefallenen dem Tode
und es war keine weitere Trauerfeier notwendig - Gonnth sei dank! Nachdem
der Hort des Riesen eingesackt wurde, überbrachte ich eine Nachricht
von Tan' Y' Gan, dass wir uns möglichst schnell wieder zurück
nach Aynua begeben müssten.
Nach sieben Tagen erreichten wir am 5.5.704 wieder Nippur und Brakk gibt
uns die versprochenen Informationen: Die drei Opfer A3's sind, wie wir
natürlich schon vermutet hatten, Vrork der Finstere, König Timal
von Aynua und der weise Tan' Y' Gan. A3 hat einen Kontaktmann in Aynua,
den er regelmäßig in der Kirche am Friedhof trifft. Der Schüler
von A3 hat sowohl in Aynua, als auch in Nippur nach uns gefragt. Falls
wir es schaffen sollten, wobei seine Betonung klar auf falls lag, tatsächlich
A3 auszuschalten, würde er sich sehr erkenntlich zeigen. Bainar und
Scharta gaben dem Truchsess Darien einen kurzen Bericht, danach brechen
wir noch am selben Tag Richtung Aynua auf.
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