5. Januar 704
Wir sind auf unserem Weg quer durch Chemlon. Der ehrenwerte und legendenumwobene
Enhred von den Fällen begleitet uns. Unser Weg führt uns von der
verschollenen und vergessenen Insel Imred Nebu zu einer Insel, die viele
Tagesreisen nördlich der Ruinen von Seth Fehir gelegen ist. Wenn unsere
Berechnungen nicht fehl gehen, sollten wir bald die Küste erreichen.
Zur Mittagszeit machen wir - wie gewohnt - eine kleine Rast. Es beunruhigt
mich, dass wir uns in den vergangenen Tagen viel angeschwiegen haben. Keiner
hat eine Idee, wie wir unbemerkt zum Hort des Imperators gelangen könnten.
Und niemand spricht offen über diesen mächtigen und unheilvollen
Drachen. Es muss wohl an unsererer trübsinnigen Stimmung gelegen haben,
dass wir den Anflug eines dämonischen Dracos trotz bester Sicht erst
in letzter Sekunde bemerken. Da wir eben noch alle zusammen gekauert haben,
trifft der Feuerodem, den das Biest zur Begrüßung ausgestossen
hat, mich und alle meine Kameraden. Krogh und mich strecken die Folgen des
Odem nieder. Bainar das Unglück, der Zwerg dessen Vornamen ich nicht
verstehe, erlegt den Draco schließlich. Unsere Wunden werden verbunden,
doch ein ungutes Gefühl beschleicht die Gesellschaft. Wir dürfen
es nicht zu einem Kampf mit dem Imperator kommen lassen! Das wäre zweifellos
unser Ende.
7. Januar 704
Wir erreichen die Küste Chemlons. Bis in den Abend diskutieren wir,
auf welche Art und Weise wir das Meer überqueren wollen. Schließlich
entscheiden wir uns für ein zauberhaftes Geisterschiff aus der Trickkiste
des Zwerges das Unglück (Au weia!).
9. Januar 704
An der Küste
der Insel Imreth Groh gelandet, begeben wir uns in Richtung einer Ansiedlung,
die wir auszumachen glauben. Als wir die vorgelagerten Wiesen und Felder
erreichen, können wir unschwer eine riesige Ruß- und Rauchwolke
über den Zinnen der Stadt Kedus Faith erkennen. Wir beschleunigen
unsere Marschgeschwindigkeit, um der Ursache dieser unheilvollen Rauchwolke
auf den Grund zu gehen. An den Toren berichtet uns die Stadtwache von
dem zweiten Angriff, den ein schwarzer Drache jetzt bereits auf Kedus
Faith unternommen hat. Im Zentrum steht ein großes Gebäude
in Flammen. Wir eilen zur Hilfe, doch der Brand ist bereits unter Kontrolle.
Oberbürgermeisterin Sanka leitete die Löscharbeiten persönlich.
Trotz dieser Vorfälle wird uns ein persönliche Audienz in Aussicht
gestellt. Der Ruf des ehrenwerten Enhred eilt ihm auch in diesem Teil
Chemlon voraus. Sanka scheint erleichtert eine derartig berühmte
Persönlichkeit empfangen zu können. Wie wir später erfahren,
hat Enhred dieser Stadt vor vielen Jahren bereits einen Besuch abgestattet.
Im Laufe der Audienz erfahren wir, dass der Drache (ganz offensichtlich
handelt es sich um den Imperator) alte Ansprüche auf die Herrschaft
über diese Stadt geltend macht. Kedus Faith wurde bereits im zweiten
Zeitalter erbaut. Diese historischen Details interessieren Grogh nicht.
Er spitzt erst seine Ohren, als von einem der berühmtesten Bauwerke
der Stadt - die Arena - die Rede ist. In den folgenden Tagen bemüht
er sich vergebens darum seine Kampfeskünste dort unter Beweis stellen
zu dürfen. Wenige Tage bereiten wir uns vor, dann brechen wir auf,
um den Berg aufzusuchen, den der Imperator bewohnt. Die Gnade Geladions
und Gonds mögen uns begleiten.
25. Januar 704
Langsam und vorsichtig haben wir uns durch das karge Land bewegt. Auch
einen Meeresarm, der die Insel teilt haben wir überwunden. Je näher
wir dem Berg kommen, desto drastischer versuchen wir den Gebrauch jeglicher
Magie zu vermeiden. Auf keinem Fall wollen wir dem Imperator einen Hinweis
auf uns geben! Keiner von uns weiß, was uns erwartet. Die Stimmung
ist angespannt und gedrückt. Endlich erreichen wir den Fuß
des Berges, den der Imperator bewohnt. Ich, Fenchu, bemerke eine kleine
Höhlenöffnung von knapp 3 x 3 Metern, die sich an der Felswand
auftut. Da sorgt Grogh für lang vermisste Erheiterung. "Wollen
wir wirklich den Haupteingang nehmen", platzt es aus ihm hervor.
Das erinnerte mich stark an Bilbo Beutlin. "Eine derart große
Geheimtür? Wie soll der Drache Smaug die nicht entdeckt haben?"
Aber das ist ja bekanntlich eine ganz andere Geschichte...
Wir erklimmen also die Klippen, um "den Haupteingang" zu inspizieren.
Da wir auf jegliche Magie verzichten, ist das ein waghalsiges Unternehmen.
Doch wir schaffen den Aufstieg und finden eine kleine Höhle. In einer
Nische entdecken wir ein Skelett. Die zusammengekauerte Gestalt hält
ein Schriftstück in den knochigen Fingern. Es handelt sich um die
Aufzeichnungen von Mehnek Mura, einem Magier des 14ten Kreises. Dieser
Magier stammte offensichtlich aus einer Stadt namens Aynua und ist mit
seinen Kameraden bei dem Versuch dem Imperator zu trotzen ums Leben gekommen.
Uns beschleichen Zweifel. Fünf Gefährten des 14ten Kreises...bis
auf Enhred haben wir gerade mal den 9ten oder 10ten Kreis erreicht. Doch
wir setzen unseren Aufstieg fort. Gewarnt von den Aufzeichnungen des Mehnek
Mura (dessen Gebeine wir bestattet haben) und dem Hinweis auf die trügerische
Bergspitze.
An dieser Stelle sei erwähnt, daß die folgenenden Berichte
meiner Erinnerung entstammen. Die Kälte, die Angst und die Gefahr
des Aufstieges haben mich davon abgehalten, täglich meine Aufzeichnungen
fortzusetzen. Nach einigen Tagen des Aufstiegs erreichten wir in bitterer
Kälte die Spitze des Berges. Besser gesagt wir erreichten das Plateau,
das am Gipfel dieses Berges zu finden ist. Die eigentliche Spitze des
Berges scheint von einer nicht irdischen Kraft entfernt worden zu sein.
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