Chemlon, irgendwo
im Lande Norgroth des Jahres 702.
15. November
Ein wahrhaftig mistiger
Morgen. Nebelschwaden zogen durch die Wehranlage und Halborks wärmen
sich an Lagerfeuern. Die sollen mal lieber am Boot arbeiten. Und wie die
mich immer anglotzen. Muss ein falsches Bein in der Frühe gewesen
sein, schätze ich. Egal. Ich langweile mich so, da schreibe ich lieber
Ideen für eine Knochentanzchoreographie auf. Das erheitert mich etwas.
Und auch das leidige Buch unserer Taten muss ich noch weiterführen.
Ach! Was mir heute so alles als Last erscheint, das war gestern noch Quell
der Inspiration. Nun denn, will mal berichten, was gestern noch so geschah:
Wie wir die Feuerechsen
und den Schamanen besiegten, erzählte ich bereits. Beim genaueren
Durchstöbern entdeckten wir tatsächlich noch weitere Gegenstände:
zwei Umhänge, einen Bogen, einen Armreif, einen Schuppenpanzer, einen
seltsamen Trank mit dem das Atmen unter Wasser möglich wird und einen
Ring, der, so sagt Val, ihn das Gewicht der Welt weniger spüren lässt.
Mein Brüderchen war schon immer ein kleiner Schwätzer, sach
ich ma. Ich nahm eine Holzfigur des Echsenschamanen an mich. Wir stellten
nach einem Blick in den Astralraum die Vermutung an, dass die Gegenstände
von einem schwachen magischen Glanze gefärbt sind. Ein mächtiges
Wesen voller kraftstrotzender Magie musste gemäß unserer Annahme
einst dort gehaust haben. Das gefundene Zeug glühte so seltsam. Zurück
bei Narbeek und dem Clan der Wulk dann wurde uns noch mehr Ehre gezollt.
Der Bartler Narbeek meinte, nun könne den Wulk zum Thema Echsen reiner
Wein eingekübelt werden. "Ihr habt den Fluch von der Insel genommen",
sagte Narbeek. Also sprach er mit den Altvorderen des Halbork-Clans. Auf
die uns unter den Nägeln brennende Frage, wohin wir denn einmal das
Boot steuern sollten, gab es die gewohnt unbefriedigende Antwort a la
"Setzt zum nächstgelegenen Land über, gen Süd-Ost".
Na ja, erwähnte ich schon meine Übellaunigkeit? Vielleicht hängt
es damit zusammen, dass mir Narbeek davon abgeraten hat im Buch "Die
Begehung des Jenseits" zu schmökern. Das könne ich angeblich
nicht wagen, er faselte was unverständliches von "Kompendium"
und so einen Quatsch. Ich glaube ich bin maulig. Manchmal treibt der mich
in den Wahnsinn...
17. November
Die Abreise rückt
näher. Uns schüttelt schon das Reisefieber täglich ein
wenig mehr. Heute wollen wir noch in der orkischen Feste das Unten nach
Oben kehren, Vielleicht finden wir ja etwas.
18. November
Gut getan, schätze
ich. Das Trübsalblasen hat sein Ende. Im unterirdischen Gewölbe
begegneten wir der Erscheinung von "Lakrana", einer Art Hütergeist
des Beschwörungsraumes. Lakrana, der von sich behauptete schon lange
dort im Pentagramm-Zimmer und woanders zu sein, schlug uns einen Handel
vor. Zur Erneuerung eines Siegels benötige er eine "Essenz"
von einem sehr seltenen Tier. Der Geisterbeschwörer-Geist, na klar,
wollte uns auf ein schwarzes Einhorn hetzen, um ihm dessen Blut zu bringen.
Im Gegenzug sollten wir reichlich Belohnung erhalten. Ich war natürlich
völlig begeistert von diesem silhouettenartigen Lakrana, fand dann
aber wiederum sein Aussage zum Thema Jenseits-Schmöker frustrierend.
Auch er plapperte die Litanei, dass man besonders stark sein müsse,
das Buch lesen zu können. Ein Geisterbeschwörer in den Blutsümpfen,
weit im Süden könne dies bewerkstelligen und so weiter und so
fort, da der ach so mächtige Knabe dem Buch nicht "verfalle".
Wir stimmten dem Handel
zu. Immerhin sind wir tapfere Abenteurer und keine Stubenhocker!
Lakrana beschrieb uns den Ort recht genau, an welchem das Schwarze Einhorn
zu finden sei: Eine Lichtung in einem Forst, hier auf der Insel, ein dümeliger
Tümpel. Der Weg, der zurückzulegen war, würde uns einige
Tage Wandern abverlangen. Beim Clan ließen wir uns einige Tierblasen
geben, in denen wir das Blut - optimistisch sind wir ja immer - zu transportieren
gedachten. Heute der Tag des Aufbruchs.
19. November
Ein Tag der Strapazen
liegt hinter uns. Der Weg führte uns nach Osten, am Saum des Gebirges
entlang gingen wir, recht nah beim Ufer. Anfangs suchten wir einen Pfad
im Schutze der Berge, doch das Gestrüpp dort war unbeschreiblich
dicht. Lediglich Kha`na Wa trottelte recht unbesorgt auf seinem Reitvieh
daher und wälzte durchs Unterholz. Die übrigen Reisenden konnten
in dieser Art allerdings keinen Lustgewinn erkennen. Wir gingen dann am
Strandstreifen weiter.
24. November
Was als spannendes
Abenteuer gedacht war, entpuppt sich mehr und mehr als spannendes Abenteuer.
Heute war Abwechslung angesagt und der Fußmarsch fand eine willkommene
Unterbrechung: Ich, der Kräuterkundige, entdeckte seltene Pflanzen.
Im Kelch einer Trompetenblume glimmte magisch ein kleines Wässerchen.
Das sah so gut aus, in meinen Augen jedenfalls, dass ich sofort den Kelch
bog, um einen vollmundigen Schluck zu nehmen. Ein prächtiges, wohltuendes
Gefühl durchströmte meinen Körper. Da hatte sich doch dauerhaft
was getan! Val nahm sich auch eine Blume zur Brust. Offensichtlich reagieren
aber Hünen anders darauf. Kha`na wurde derart muffelig und müde,
dass er sich danieder legen musste. An ihm empfinde ich immer wieder mit
zunehmender Heiterkeit, dass er quasi Berge versetzen und Dickhäuter
mit einem kleinen Finger umstupsen kann, jedoch bei Allerweltsgeschichten
aus den Latschen kippt. Und wie der erst schnarchte! Ich konnte beim Schreiben
dieser Zeilen kaum mein eigenes Wort verstehen.
26. November
Wir haben es geschafft! Als ob meine hier zuvor geschriebenen Worte prophetischen
Charakter hätten, so ereignete sich gestern mit dem Kha`na Wa Erstaunliches.
Nach überstandenem Kampf gegen das Schwarze Einhorn kann man schon
wieder lachen, jedenfalls können es Val und ich. Unserem Kha`na ist
das gründlich vergällt. Ihm sind Arm und Bein verdorrt. Hinter
seinem Rücken machen Val und ich unsere Witze, denn es schaut schon
sehr dämlich aus, wie er jetzt auf dem Gaul Celeborn hockt, so angeschnallt...
Ihm gegenüber verhalten wir uns natürlich voller Mitgefühl.
Wäre ja sonst auch das Letzte.
Den Kampf mit dem
Biest will ich in wenigen Worten zusammenfassen: Wir versteckten uns am
Rande der Lichtung, Mondschein fiel auf die ekelhafte Brühe des Tümpels.
Trotz aller gebotenen Vorsicht überraschte uns das Tier. Damn! Das
Ding kannte seltsame Magie und entlud diese aus seinem mächtigen
Horn. Kha`na Wa musste es am eigenen Leibe erfahren und ihm, wie gesagt,
verdorrten Arm und Bein. Val schleuderte seinen Mentalen Dolch und ich
versuchte mich einmal mehr mit Knochengeschossen. Nun, wir erlegten das
Tier.
7. Dezember
Als wir dann letztlich zum Einlösen des Paktes zu Lakrana kamen,
da zeigte er sich sehr dankbar und errettete den Hünen von seinen
verdorrten Gliedmaßen. Auch reichlich Dankbarkeit, ganz gemäß
dem Handel, wurde uns zu Teil.
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