Chemlon, irgendwo
auf der Reise im Jahre 706
26. Januar 706
Lausig kalt ist es. Aber es muss ja weitergehen. Die Siedlung der Menschen
südlich des Kreuzgebirges soll unsere erste Zwischenstation werden.
Auf der Reise will ich nach Kräutern Ausschau halten.
12. Februar 706
Haben eine zweitägige Rast begonnen. Khna Wa will unsere Lebensmittelvorräte
auf der Jagd auffüllen. Beschäftige mich derweil mit meinem
neuen Alchemielabor und muss mir eingestehen, dass es auch in dieser Wissenschaft
noch viel zu erlernen gibt. Zwei von mir aus Tierblut und Löwenknospe
gebraute Tränke, die mir eigentlich eine bessere physische Kondition
im Kampfe verleihen sollten, dampfen und brodeln vor sich hin. Ich glaube,
dass sie sich eher für einen Giftanschlag verwenden ließen.
Aber Übung macht den Meister.
16. Februar 706
Bald haben wir die Siedlung erreicht. Das viele Reiten macht mich ganz
krank!
25. Februar
Gestern näherten wir uns dem Menschendorf auf wenige Kilometer als
ich eine Bewegung in einem an den Pfad angrenzenden Waldstückchen
ausmachen konnte. Ich ließ meinen Blutdiener über den Gestalten
kreisen. Es waren Bewohner des Dorfes, die mit Forken und Mistgabeln bewaffnet
waren. Wir gaben uns also aus der Entfernung als ihre alten Freunde zu
erkennen. Eine holde Maid rief sofort: "Ja, es ist der Mori. Ich
kenne ihn doch!"
Nach der Begrüßung
erzählten sie von ihrer Not und freuten sich sehr darüber, dass
die Helden, die ihnen schon einmal geholfen hatten, wieder zu ihnen gekommen
waren. Denn vor nicht allzu langer Zeit habe "das Böse"
in ihrem Dorfe Einzug gehalten. Seltsame Gestalten und merkwürdige
Erscheinungen trieben jetzt dort ihr Unwesen. Gespenster mit großen
Mäulern treiben ihr Unwesen sagten sie und berichteten, dass alle
Bewohner sich in den Wald geflüchtet hätten. "Es sind sehr
viele", sagte einer der Männer furchtsam.
In meiner unerschütterlichen
Kombinationsgabe erinnerte ich mich an die uns von Unoma Vudd erzählte
Geschichte. Er hatte uns gesagt, dass der Dämon Folterknecht einen
überaus mächtigen Geist dazu zwinge, sich wider seine eigene
Natur zu verhalten. Was wir hier bei den Menschen vorfanden passte meiner
Meinung nach nur allzu gut in diesen Zusammenhang. Fiss, Khna und ich
beschlossen also, dass wir der Geschichte unbedingt auf den Grund gehen
müssten.
Nachdem wir den Menschen
unsere Hilfe angeboten hatten, die sie auch freudig annahmen, schickten
wir sie in ihr Versteck zurück. Sie sollten sich zunächst weiter
aus den Gefahren heraushalten.
Danach begann ich
ein Pentagramm auf dem Boden zu zeichnen, um einen Geist in einem Bannkreis
zu beschwören und zu verhören. Vielleicht würden wir so
an wichtige Informationen zu unseren vermeintlichen Gegnern kommen, dachte
ich. Leider erschienen nur zwei mickerige Geister, die uns keine Hilfe
sein konnten. Also schlichen wir uns dichter an das Dorf heran.
Als wir dann aus der
Entfernung über dem Dorf geisterhafte Gestalten fliegen sahen, da
schien uns besondere Vorsicht die Mutter unserer Porzellankiste zu sein.
Nach kurzem Ratschlag begann ich mit einem aufwendigen Ritualzauber, um
eine fürchterliche Bluthydra herbeizubeschwören.
Nach wenigen Stunden
gelang dies auch im ersten Anlauf. Ich schickte das mächtige Wesen
auf die Westseite des Dorfes. Dort sollte sie mit dem zwielichtigen Gespensterpack
aufräumen, eventuell den Folterknecht anlocken, während wir
uns von einer anderen Seite her dem Geschehen nähern wollten.
Aber irgendwie hatten
wir die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Zwar erledigte die Bluthydra einige
Geister, doch dann näherte sich UNS schon ein großer Schatten.
Tja. Der besagte mächtige Geist hatte uns ausfindig gemacht. Und
von der Hydra hörte ich keinen Ton mehr.
Als der Geist auf
uns zugeflogen kam, da kam mir eine zündende Idee. Mit einigen Worten
in Geistersprache rief ich ihn an. "Seid gegrüßt, Wesen
aus der Familie von Necron", sprach ich. Trotz seiner Antwort ("Sterblicher,
spielt nicht mit Namen, deren Bedeutung ihr nicht kennt!"), gab es
Anzeichen dafür, dass mein Satz zumindest eine Wirkung hatte: Der
Geist eines Drachen griff uns nicht sofort an! Wir kamen sogar ins Gespräch...
Es stellte sich dabei
heraus, dass wir in der Tat richtig getippt hatten. Der Drachengeist wurde
vom Folterknecht zu diesen Taten gezwungen. Der Dämon hielt seinen
Sohn gefangen und setzte ihn somit unter Druck. Unser Vorteil, denn damit
hatte er ein Interesse daran, dass wir gegen den Schattengänger zu
Felde ziehen. Und genau diese Absicht taten wir ihm kund.
"Meine Hände
sind gebunden, aber vielleicht - ich kann es kaum glauben - könntet
ihr euch als nützlich erweisen", sprach der Drachengeist. Daher
war er durchaus bereit, uns einige Informationen zum Folterknecht zu offenbaren.
Unter den Fittichen des bösen Blutpriesters hätte sich dieser
wohl sehr intensiv mit den Künsten der Magier befasst. Auch wies
er uns den Weg in ein Sumpfgebiet, in dem wir den Folterknecht ausfindig
machen könnten. Allerdings habe er dort auch eine Reihe anderer,
niederer Dämonen um sich geschart...
Um uns überaus
präzise auf diese Aufgabe vorzubereiten, wollten wir noch einen magischen
Gegenstand finden, den der Zwerg Fiss zur Stärkung seiner Macht "zu
opfern" beabsichtigte. Nach einem Ort befragt, wo wir fündig
werden könnten, sagte der Geistdrache, dass man ja einmal am "Tor
zur Nacht" schauen könne. Eine kleine Wegbeschreibung zu diesem
Höhlensystem unter dem Kreuzgebirge gab er uns auch.
Wir versprachen alsbald
wiederzukehren und machten uns auf den Weg.
9. März 706
Adlerauge Fiss hat
heute einen Eingang zu einer Höhle ausfindig gemacht. Vor uns sahen
wir schon die ersten Ausläufer des Kreuzgebirges. Ich ließ
meinen kleinen Blutdiener in Form einer Fledermaus die Gänge erkunden.
Offenbar war kein Ende in Sicht. Weiter und tiefer verzweigten sich diese
Stollen unter das Bergmassiv. Es fröstelte mir, als wir erst wenige
Schritte in die Dunkelheit hinein gemacht hatten. Irgendwie schien der
kleine Zwerg hier ganz und gar in seinem Element zu sein. Er zeigte auf
einen Gang und Husch! - Schon liefen wir in eine andere Richtung. Dann
plötzlich zeigte er auf eine Stelle, die mir jedenfalls völlig
unverdächtig vorgekommen war und murmelte etwas von "Versteck".
Kaum gesprochen, schob er seine Hand hinter eine felsige Wand. Als er
sie wieder herauszog, hielt er ein kleines Kurzschwert darin.
Irgendwie schien uns
der Ort aber nicht völlig geheuer zu sein. Schnell verließen
wir die Stollen wieder und begaben uns zurück zum Dorf der Menschen.
30. März 706
Endlich hat der zumindest in Fadenmagie nicht sonderlich bewanderte Fiss
erst nach drei Wochen seine Vorbereitungen abgeschlossen. Jetzt hat er
ein Amulett auf janz besondere magische Weise aufgeladen, sagt er. In
jedem Fall ist es jetzt an der Zeit, dass wir uns endlich dem Folterknecht
im Kampfe stellen. Der Drachengeist hatte uns mit auf den Weg gegeben,
dass wir doch - wenn es denn überhaupt möglich sei - Trophäen
und Blut vom Folterknecht mitbringen mögen. Der hat Nerven, dachte
ich mir. Aber das ist eine andere Geschichte.
3. April 706
Es ist ein unheimlicher Sumpf. Morgen könnten wir schon den Folterknecht
aufgestöbert haben. Shuzuk! Ooh Shuzuk, stehe mir bei in diesem Ringen
mit den bösen Mächten des Jenseitigen!
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