Chemlon, in den Verliesen
unter Sed Fehir, in der Mitte des Jahres 705
26. Juli
Nach kurzer Debatte,
bei der lediglich der Haudegen Khna`Wa anderer Ansicht war, entschlossen
wir uns, die Insel im unterirdischen See schleunigst wieder zu verlassen.
Zu diesem Erkenntnisgewinn mag - zumindest bei mir - geführt haben,
dass ich den heuchlerischen Verrätergeist Honchu beschwor und herbeirief.
Der schändliche Überläufer brüstete sich damit, dass
der Dämonenkönig Blutpriester sich seiner sehr wohlwollend angenommen
habe. Ich unterließ also mein ursprüngliches Vorhaben, ihn
an Ort und Stelle zu vernichten, und gab ihm zur Mahnung mit auf den Weg,
dass er sich seiner Schandtat bewusst werden möge. Ob meine kleine
Predigt jedoch auf fruchtbaren Boden stieß, mag zu bezweifeln sein.
Der Blutpriester steht jedenfalls auf meiner schwatzen Liste jetzt ganz
oben.
Ein rascher Blick
in das Buch des Grauelfen verriet mir dessen Namen: "Nandil"
ließ der unvorsichtige Geisterbeschwörer sich rufen. Offenbar
hatte er eine Abenteurergruppe ohne diese über Sinn und Zweck des
Ausflugs zu informieren, in die Arme des Dämonendrakos geführt.
Zudem wird eine Reihe von Städten genannt, die mir teils bekannt
sind und deren Namen ich teils auch noch nie hörte. Später werde
ich mich eingehender mit dem Buch befassen.
Dann ließ ich
- wie bereits erwähnt - durch meine Packgeister das untergegangene
Bootswrack bergen und auch den Kopf des Dämonendrakos Draijkenn.
Per Geisterschiff stachen wir dann wieder in See, um zurück zur Zwergenstadt
zu gelangen. Anregend dabei war das Bild, welches wir abgaben: Der Knochenkopf
wurde von meinen Geisterhelfern wenige Fuß über dem Wasser
schwebend getragen. Kaum das wir uns der Zwergensatdt in dieser Prozessionsformation
näherten, da hörten wir lautes Jubilieren von einem vielköpfigen
Pulk der Zwerge. Ganz offensichtlich standen sie dort versammelt, um uns
angesichts unserer triumphalen Rückkehr zu ehren, zu loben und zu
preisen. Ein "Oh" und "Ah" und vielfaches "Hurra"
erschallte. Die putzigen Bartträger waren ganz aus dem Häuschen.
Muss beeindruckend gewesen sein, unsere Ankunft samt monumentalem Totenschädel
des Drakos. In der "Zergentraube" empfing uns zugleich beim
Anlegen des Bootes auch der Shamane Kaiman und murmelte etwas davon, dass
ihm die Knochen vorhergesagt hätte, dass wir so wieder zurück
kehren würden. Ich übergebe ihm den Fetisch, den wir bei Nandil
gefunden hatten.
Dann folgte ein rauschendes
Fest uns zu Ehren in einem Wirtshaus. König Violl hatte bestes Zwergenbier
des Jahrgangs 700 auffahren lassen und wir soffen uns den Kopf vom Rumpf.
Der Zwerg Fiss zog bei der Feier wieder ausgesprochen lüsterne Blicke
von Zwergfrauen auf sich. Später schlief er betrunken in den Armen
einer Reihe dieser Bräute ein. Khna hielt als Kampfzecher am längsten
durch. Einer der Zwerge erzählte mir während des Gelages, dass
die Zwergenstadt auch "Tiefenhort" genannt werde, dieser Name
aber "oben" nicht bekannt werden solle.
27. Juli
Mit argem Kater bin ich aufgestanden. Später sind wir zu einer weiteren
Ehrung geladen. Auf dem Kundgebungsplatz will uns König Violl in
aller Öffentlichkeit lobpreisen. Keinen Schluck vom dem Teufelszeug
werde ich je in meinem Leben wieder anrühren. Mein Schädel brummt.
28. Juli
Nachdenklicher Tag, in der Tat. "Ihr habt Euch Ehre verdient, so
soll Euch auch Ehre zuteil werden", sprach der König Violl bei
der gestrigen Feierlichkeit auf dem Platz. Dann ernannte er uns zu "Helden
des Zwergenclans, die bei diesem welchem immerdar Freunde und Unterkunft"
finden mögen.
Nach dem offiziellen
Empfang bat uns Violl dann in seine abgeschiedenen Privatgemächer.
Nachdenkliches und Erhellendes wurde uns offenbart: Der König berichtete
von drei Reisenden, die zum Teil vor langer Zeit zu seinem Clan gekommen
waren und die von unserer Ankunft berichteten. "Es ließ mich
hoffen als ihr zu uns kamt, denn diese drei beschrieben Euch sehr genau
und haben etwas für Euch hier hinterlegt", so Violl. Kaum hatte
er dies gesagt, da kamen auch schon gleich Diener in den Raum, die silberne
Tafeln trugen auf denen etwas lag. Fiss, Khna und ich erhielten je ein
kleines Heftchen mit Ledereinband und zudem noch ein ledernes Armband,
in dessen Mitte eine Art Holzstück eingefasst war.
Meine Anspannung konnte
nicht größer sein, als Violl erklärte, dass diese drei
Männer Tal`Sea, ein Magier namens Elofin und Loment, ein halbelfischer
Steppenreiter, waren. Uns hatten sie also ein Vermächtnis hier hinterlassen
und ich war sehr begierig, mehr darüber heraus zu finden.
Als ich Violl dann
um Erlaubnis bitten wollte, in der Zwergenstadt meine Lehranstalt der
Dunklen Künste zu errichten, bat er mich in der nächsten Woche
zu ihm zu kommen. Also zogen wir uns zunächst in die Hütte von
Kaiman und seinen beiden Brüdern zurück. Wir wollten die Bücher
und die vielen neuen Gegenstände näher inspizieren.
In den dünnen
Büchern fanden wir jeweils überaus Wissenswertes über unsere
Professionen und zur Vervollkommnung unserer Fähigkeiten. In der
von meinem Ziehvater hinterlassenen Fibel war die Rede von einem geheimen
Ort, dessen genaue Lage jedoch aus Sicherheitsgründen geheim sei.
Oder so ähnlich. Zudem konnte ich einen mir bis dato unbekannten
Zauberspruch erlernen, der als "Astrales Runenschloss" bezeichnet
wurde. Offenbar für den geheimen Ort gedacht.
Mit dem Wissen des
Zwergs Fiss konnten wir dann Näheres über den auf der Insel
gefundenen Stab herausfinden. Dieser nenne sich "Bein der Täuschung"
und sei von dem Dämon "Prinz der Täuschung" hergestellt,
so Fiss. Dämonenwerk hin oder her - Sollte dieses Ding von Nutzen
sein, so werde ich es zu nutzen wissen!
29. Juli
Tal`Sea sei gedankt! Mein Traum ist in Erfüllung gegangen. Möge
die reine Lehre der Dunklen Künste in Chemlon eine neue Blüte
erfahren! Gepriesen sei Shuzuk! Gepriesen das Schicksal, welches es gut
mit mir meint!
Ich will den Grund
meiner Freude hier enthüllen: Am Morgen kam ein zwergischer Scout
mit dem Namen Feuesien zu mir und sagte, dass er mich zu einem geheimen
Orte führen wolle. Ich folgte ihm allein und ohne Zaudern. Im Hafen
der unterirdischen Stadt bestiegen wir ein Ruderboot und setzten über
zu einem Stolleneingang. Nach einem kurzen Fußweg in einem finstren
Gang kamen wir zu einer Felswand, auf der mir seltsam bekannte Runen standen.
Ich begriff sofort, dass diese in Verbindung standen zu meinem neuen Zauber
"Runenschloss" und dem Hinweis von Tal`Sea über einen geheimen
Ort. Ich bat also den Scout, sich jetzt zu entfernen, da ich eine wichtige
Aufgabe zu erledigen hätte.
Als er weg war, da
bereitete ich diesen Ritualzauber vor und wirkte ihn. Die Rune auf der
Wand glühte auf und Rauch stieg auf. Langsam öffnete sich eine
Tür und langsam ging ich überaus neugierig in den dahinter liegenden
Gang hinein. Ganz nach meinem Geschmack roch es muffig und die abgestandene
Luft ließ die Lunge schwer atmen. Traumwandlerisch sicher fand ich
eine Vorrichtung, um auf magische Weise den Gang und eine sich dann mir
ersichtlich werdende Höhle zu illuminieren. Auf dem Boden lagen vereinzelt
Knochen herum und hier und da huschte ein Geistwesen.
Das Vermächtnis
des Tal`Sea: Er hatte mir als seinem legitimen Erben eine Lehranstalt
der Dunklen Künste errichtet! An einem geheimen Orte von größerer
magischer Potenz und versiegelt mit einem mächtigen Zauber, der ihn
schützen vermag.
Was ich in der einige
hundert Meter langen und sogar hohen Halle von gigantischem Ausmaß
erblicken konnte, das ließ mein Herz hüpfen und der Atem stockte
mir. Die Lehranstalt hatte dunkel-bläuliches, fast schwarzes Mauerwerk,
doch Fugen waren aus der Entfernung nicht zu erkennen. Fast so als wäre
sie aus einem Guss direkt aus dem Gestein gehauen worden. Auf Höhe
der ersten zehn Meter war abgesehen von einer steinernen Treppe, die weit
in das Gebäude hineinreichte und gesäumt war von Mauern, kein
Fenster und keine Öffnung in dem "Monolith-Block" zu erkennen.
Erst darüber waren schmale Fenstergitter. Noch eine Etage höher
dann größere Gitterfenster und darüber offenbar eine Art
begehbarer Rundweg. Mächtig und erhaben thronte über allem aber
der Meisterturm. Um etwa 30 bis 40 Meter überragte er alle anderen
Bauten. Die Lehranstalt - ein viereckiges Bollwerk von rund 160 Meter
Seitenlänge inmitten einer unterirdischen und überdimensionierten
Kaverne.
Andächtig schritt
ich näher und erspähte einen Brunnen vor dem Treppenaufgang.
Aus einem kunstvoll gestalteten Speyer in Form eines Wolfskopfes quoll
schwarzer, schwerer Rauch, der sich auf eine trübe, zähflüssig
anmutende Brunnenoberfläche senkte.
Ich erkannte sofort,
dass dies eine Quelle der Macht sein müsse, welche die Geister an
diesen Orte lockt und "Anderes" fernhält. Die "Seelenquelle"
- so stellte ich fest - würde als eine Art magischer Knotenpunkt
beim Weben zur magischen Struktur eines Gegenstandes sehr hilfreich sein.
Auch würden Beschwörungen und andere meiner Fähigkeiten
hier eine besondere Güte verliehen sein. Der astrale Raum war hier
ebenfalls bemerkenswert: Er war dunkler und mir eigenartig vertraut. Kein
Zeichen von dämonischer Verunreinigung erkannte ich. Und plötzlich
kam ich auch zur Erkenntnis, dass mein Streben nach einer solchen Lehranstalt
mir von meinem Tal`Sea wohl als Ziel eingeimpft worden war.
In der Lehranstalt
fand ich dann alles, was ein Geisterbeschwörer braucht. Unterirdische
Katakomben, eine gepflegte Bibliothek, Studierzimmer, Beschwörungshallen,
Vorratsgebäude, Kammern für eine größere Anzahl von
zu unterrichtenden Novizen, ein bestens ausgestattetes alchemistisches
Labor, ein Zellentrakt und vieles mehr noch. Und ich muss eingestehen,
dass ich bei weitem noch nicht alle Geheimnisse des Bauwerks ergründen
konnte.
Nach einer kurzen
Weile des Sinnierens entschloss ich mich dazu, meine beiden Gefährten
in meine neue Heimstätte einzuladen. Ich wollte Ihnen die Pracht
und den morbiden Charme des Gemäuers nicht vorenthalten. Zudem wollten
wir uns eine ganze Weile damit beschäftigen, uns die neuen magischen
Gegenstände vertraut zu machen.
30. Juli
Heute brachte ich meinen Freund Khna und den Zwerg Fiss zur Lehranstalt.
Sie waren beeindruckt. Ich wies ihnen Luxus-Kammern zu, die von Tal`Sea
sicher für Vorsteher der Lehranstalt vorgesehen waren. Zuvor ließ
ich die Unterkünfte von einigen beschworenen Geistern gründlich
reinigen. Ich selbst quartierte mich im Meisterturm ein. In diesen, ich
bat meine Freunde um Verständnis, dürfe leider niemand außer
Moriater Gulgauer sein. Wir begannen dann mit unserem Werke des Fadenwebens.
15. August
War heute beim König Violl und hatte eine Unterredung. Weihte ihn
ein wenig in meine Pläne mit der Lehranstalt ein und erwiderte, dass
ihn dieses Vorhaben erfreue. Auch benannte er mir einen Zwerg, der sich
als mein erster Lehrling eignen könnte. Diesen "Noran"
suchte ich dann auf und rekrutierte ihn.
30. August
Bei Nachforschungen in der kleinen Bibliothek des Zwergenclans fand ich
Aufzeichnungen über den Geisterbeschwörer-Berater des Königs,
diesen Bainar. Offenbar war er ein Lehrling von Vrork, dem Finsteren.
Am Rande schnappte ich zudem eine Geschichte auf: Einst waren Meuchelmörder
aus dem Zwergenreich unter dem Kreuzgebirge hierher gekommen. Bainar und
der uns schon bekannte Elementarist Fenchu Flammenbart hätten daraufhin
wohl Untersuchungen in diesem Fall aufgenommen.
12. September
Gute Fortschritte bei der Ausbildung von Noran. Auch verleiht mir mein
ledernes Armband neue Macht. Ich bin sehr stolz, es tragen zu dürfen.
Den Schädel des Dämonendrakos Draijkenn ließ ich heute
von Packgeistern auf der Spitze des Meisterturms installieren.
19. September
Khna geht mir auf die Nerven. Es kostet selbige, um ihm seine verbohrte
Idee, dass er unbedingt auf die Insel im unterirdischen See zurück
kehren müsse, auszureden. Jeden Tag fängt er von Neuem damit
an. Er ist halt nur ein Haudrauf.
26. September
In der Bibliothek der Lehranstalt konnte ich mir Gewissheit verschaffen:
Der Folterknecht, dieser Dämon, den ich zu töten habe, um die
Magie des Gewands der Seelen vollends entfalten zu können, ist ein
Fürst der Niederweltler. Khna erzählte mir heute ellenlang über
seine neue Fellrüstung. Angeblich - so sagt er jedenfalls - sei diese
bereits in den Elfenkriegen getragen worden und sei nach dem Kampfe mit
drei Schattenhydren in deren Blut getränkt worden und sogar Gonnth
habe dann gelächelt. Märchenonkel, sagte ich da doch.
4. Oktober
Das in meinem ledernen Armband eingefasste Holzstückchen sieht jetzt
aus wie ein kleiner Wolfskopf. Dies erinnert doch stark an das von uns
getragene göttliche Amulett! Als Fiss dann einen Faden zur wahren
magischen Struktur seines Lederbändchens webt, fühle ich eine
wohlige Wärme in mir aufsteigen.
12. Oktober
Längst überfällig: Richtete heute in tiefster Nacht einen
Knochenkreis im obersten Stockwerk des Meisterturms ein. Im glatten Steinboden
waren Einkerbungen extra zu diesem Zwecke von Tal`Sea vorgenommen worden.
Ich dränge zudem darauf, dass wir bald abreisen mögen. Zwar
könnte ich noch lange und gerne hier verweilen, doch wir haben noch
einen unschönen Dracheneid mit dem Imperator. Langsam drängt
die Zeit.
15. Oktober
Morgen wollen wir endlich aufbrechen, um auf dem Weg zum Imperator Station
beim Elementaristen Komli Teunus und beim Gargolyenkönig Unoma Vudd
zu machen. Fiss sagte, dass er Teunus gut kenne und dass wir dort weitere
Zeit verbringen sollten. Auch habe er noch eine Schatzkarte bei sich und
an dem dort eingetragenen Orte möchte er gerne vorbeischauen. Khna
erklärt sich einverstanden. Dort will er einen Gegenstand finden,
ein Schwert mit dem Namen "Blutbringer".
16. Oktober
Noran ist jetzt ein Geisterbeschwörer des dritten Kreises. Ein sehr
gelehriger Schüler und zudem auch Anhänger meiner Gottheit Shuzuk.
Eine Art Einstellungsvoraussetzung. Als wir aufbrechen hinterlasse ich
ihm eine Reihe von Aufzeichnungen mit denen er den Weg eines Adepten wird
beschreiten können. Die Höhle, in der meine Lehranstalt steht,
taufe ich "Halle der verlorenen Seelen" und versiegle sie wieder
mit dem astralen Runenschloss.
17. Oktober
Haben heute den Ort auf der Schatzkarte gefunden. In einer der kleinen
Grotten entdeckten wir drei Felsen, auf denen Runenrätsel standen.
Problemlos und schnell lösten wir sie und bargen dann das besagte
Schwert für Khna, einige Kräuter und ein Amulett, welches Fiss
an sich nahm. Nachdenklich stimmte Khna und mich heute, dass der Magier
Fiss in der Lage war, eine Magmabestie herbeizubeschwören, die uns
fortan begleiten sollte. Eine durchaus seltsame Fähigkeit für
einen Zink-Kohle-Magier!
18. Oktober
Unser Weg führte vorbei an einer verfluchten Stadt. Nicht weit genug
führte uns der Weg daran vorbei. Beim Zwergenclan hatte man uns noch
darum gebeten, hier kein Böses aufzuscheuchen. Nachdem wir dies aus
Versehen doch taten, wissen wir auch warum sie uns diesen Rat gaben. Kaum
dass wir eine gewaltige Höhle passiert hatten, da stürzten sich
30 wohl dämonisch korrumpierte Gargoylen auf uns! Mit aller Bescheidenheit
muss ich erwähnen, dass ich 26 von ihnen zur Strecke brachte und
unsere abenteuerliche Gruppe nicht mehr unter der Sonne Chemlons verweilen
würde, hätten sich meine Zauber Geisterwelle und Knochenbrecher
nicht so segensreich und zugleich vernichtend für die Flattermänner
hervorgetan. Der arme Fiss ging zu Boden. Haudrauf Khna und ich reanimierten
ihn anschließend. So konnten wir erneut eine lebensbedrohliche Situation
meistern. Wir gingen weiter gen Elementaristenbehausung.
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