Chemlon, in den Verliesen unter Sed Fehir, in der Mitte des Jahres 705

15. Juni
Nach kurzer Zeit des Kräftesammelns humpelten Khna und ich dann gen Zwergenstadt. Mein Geist Honshu wies uns den Weg zu einem lädierten Boot, welches uns über einen unterirdischen Fluss direkt zur Siedlung der Kleinwüchsigen führen sollte. Mein Zauberspruch "Geisterschiff" erwies uns dabei einen hervorragenden Dienst.

Nach einer knappen Stunde der Fahrt erspähten wir dann an einem steinernen Bootssteg zwei zwergische Gestalten. Der eine trug eine dunkle Robe und an seinem Körper hingen zahlreiche Fetische, was ihn zweifelsohne als einen Schamanen klassifizierte, während der andere eine Art Kämpfer sein müsse, da er eiserne Handschuhe trug und einen sehr viel entschlosseneren und grimmigeren Eindruck auf mich machte. Sie stellten sich als Kaiman und Ariman vor. Letzterer erklärte, dass er ein Läuterer sei.

"Da sind sie, ich habe es ja gesagt. Die Knochen lügen nie. Lass sie uns zu unserem wirren Bruder bringen", begrüßte uns der Schamane. Khna und ich, völlig angeschlagen noch, nahmen ohne viel zu Fragen dann die angebotene Hilfe gerne entgegen und ließen uns zu ihrem Haus inmitten der Zwergenstadt führen. Dort durften wir uns zunächst erholen. Jetzt bin ich müde und werde schlafen. Nach dem Erwachen wird noch Zeit sein, viele Fragen zu stellen.

16. Juni
Träumte schlecht in der Nacht. Träumte davon, wie der lächelnde Mönch Tarn über eine Wiese hüpfte und sprang. Er sah so glücklich und unbeschwert aus!. Dann verfärbte sich der Himmel und Tarns Lein wurde völlig unvermittelt von einem bösen Zauber zerrissen. Ich wachte schweißgebadet auf. Ich werde ihn vermissen...

Nach dem Aufstehen fanden wir einen reichlich gedeckten Frühstückstisch vor. Der "wirre Bruder" redete eher mit sich selbst als mit den Neuankömmlingen. War nur heilfroh, dass der Khna noch nicht wieder ganz bei Kräften war. Sonst hätte der wohlmöglich mal wieder ein Massaker unter Zwergen veranstaltet wie damals im Kreuzgebirge...Und ich müsste ihm dann wieder helfend zur Seite springen und die Kleinwüchsigen totzaubern. Aber da der Kaiman-Schamane ja selbst ein Magieverwender darstellte, fühlte ich mich in diesem Hause willkommen und die naturgegebene Abneigung gegen Zwerge brach sich keine Bahn....

Kaiman erklärte mir, dass die uns von dem Blutpriester zugefügten Wunden nicht heilen würden. Dass wir drei Wunden und diese Rune auf der Brust nicht so schnell loswerden würden. Dazu müssten wir einen Geisterbeschwörer a la Unoma Vudd aufsuchen, der den Spruch "Dämonenmal vernichten" beherrsche. Die anderen, auch sehr lädierten Köperteile, wolle er in den nächsten Tagen mit einer ausgiebigen "Schwarzmooskur" heilen.

Auch verkündete der Zwergen-Schamane, dass ihm sein Knochenomen offenbart hatte, dass wir in die Stadt der Zwerge kommen würden. Von dem Dämonendrako und der unheilvollen Bedrohung in der näheren "Nachbarschaft" wusste er bereits. Ein weiterer Recke, ihm und uns noch unbekannt, werde zudem und außerdem bald erwartet, erklärte er.

17. Juni
Auf meine Bitte hin begab sich der Kaiman heute auch auf den örtlichen Marktplatz, um mir die Zutaten für die Herstellung von Heiltränken und eines Verzweiflungszauberamuletts zu besorgen. Ich dürfe dafür gerne sein Alchemie-Labor benutzen, sagte er freundlich. Und nachdem ich wieder etwas hergestellt war, gelang mir dies auch.

18. Juni
Morgens teilte der Knochenleser-Kaiman mit, dass "der Dritte" heute erscheinen werde. Weil ich das so gar nicht mehr erwarten konnte, besuchte ich die "Lehranstalt" der Zwerge. Eine recht schäbige, weil zu kleine Bibliothek. Der Lesehallencheffe nahm aber gerne eine Abschrift meiner Lebenserinnerungen entgegen und ich stöberte in den halbleeren Bücherregalen nach Interessantem. Ich fand dort eine Karte der Zwergenstadt und der näheren Verliesumgebung. Schnell malte ich diese ab. Auch fand ich einen lesenswerten Wälzer über eine andere Abenteurergruppe, die an dem Orte, an dem wir den Dämonendrako vermuteten, einst einen Wasserdrako töteten.

Bei meiner Recherche nach meinem Ziehvater, den großen Geisterbeschwörer Tal`Sea, fand ich Informationen darüber, dass er einst hier in der Stadt zusammen mit dem magischen Berater des Clans gearbeitet hatte. Dieser war allerdings in der Zwischenzeit verstorben. Der Name des aktuellen Beraters war "Bainar" und die besagte Abenteurergruppe wurde als "Freunde des Clans" und als "Freunde des Königs" bezeichnet. Gerade als ich nach vollendeter Lektüre die Lesehalle wieder verlassen wollte, kam der Bibliotheksverwalter zu mir und sprach mich an. Nach erster und flüchtiger Lektüre meiner Aufzeichnungen - selbstredend hatte ich darin nicht erwähnt, wie wir einst einen Haufen von Zwergen schlachteten - sei ihm klar geworden, dass wir dem Clan helfen könnten. Er versprach, für uns eine Audienz beim König zu arrangieren.

Kaum dass ich dann wieder zurück im Hause des Schamanen war, da klopfte es an der Tür. Es stellte sich ein weiterer Zwerg mit dem Namen "Fiss" vor. Er sagte dass er ein Magier sei.

Vor uns steht nun dieser kompakte kleine Zwerg, der von sich sagt, dass er ein reisender Scholar sei, der auf seinen vielen Wegen später zu einem Magier sich habe ausbilden lassen. Fiss wirkt von weitem wie ein eher gewöhnlicher Zwerg. Er trägt einen Reisemantel, der durchaus einige Gebrauchsspuren aufweist. Von Angesicht zu Angesicht wirkt Fiss allerdings alles andere als gewöhnlich. Für einen Zwerg ist der Reisende Scholar und Magier äußerst charismatisch. Das mag von einem ungewöhnlichen Mal auf der Stirn herrühren. Es ähnelt irgendwie einer Art Tattoo. Es zeigt eine Verwirbelung für ungeübte Beobachter. Davon abgesehen trägt Fiss einen stattlichen Bart, der in drei Zöpfen geflochten ist. Rein von der Statur her ist Fiss ein gewöhnlicher Zwerg mit einer Größe von 1,60 Metern. Auffällig sind zudem zwei Ringe, die er je an einer Hand trägt. Etwas breiter geraten als herkömmliche Ringe sind sie und bei näherem Betrachten sind rote Runen zu erkennen. Doch das Metall aus dem sie gefertigt sind scheint ungewöhnlich dunkel.

In der Tat! Der gedrungene wirkt ungewöhnlich "hübsch" für einen Vertreter seines Volkes.
Später am Tag sollte mir dann auffallen, dass die Zwergenfräuleins - das wiederum mag dann eine reine Frage der Präferenzen sein - ihm unverhohlen lüsterne Blicke schenkten. Fiss erklärte uns, dass seine erlauchte und gepriesene Gottheit Geladion ihm den Weg zu uns gewiesen hätte. Unter anderem sei er aber auch auf der Suche nach einem Schatz. Eine Karte bei sich tragend durchforste er derzeit die dritte Ebene der Verliese unter Sed Fehir.

Wie die und Khna Wa und auch ich trägt Fiss ein Amulett. Bei der ersten Begegnung der Gefährten erwärmten sich alle drei Amulette. Ein Zeichen für eine ungewöhnliche, magische Verwandschaft zwischen den Amuletten. Geladion persönlich hat Fiss dieses Amulett übergeben. Geladion war es auch, der Fiss in den Spieler-Status erhoben hat. Fiss ist demnach eine Figur im göttlichen Spiel Gedh Mekah.

Wir nahmen die Erwärmung als ein uns bereits bekanntes Zeichen, dass uns ein neuer Mitstreiter zur Seite gestellt worden war, um unsere göttliche Mission zu erfüllen. Dieser Umstand mag auch zur Besänftigung des "Zwergenhassers" Khna`Wa geführt haben, der mir eher bekannt ist als eine Persönlichkeit, welche die Kleinwüchsigen eher aus grundsätzlichen Vorurteilen heraus verabscheut.

Sogleich nach dem Eintreffen von Fiss brabbelte plötzlich der "wirre Bruder", der zuvor meist nur mit sich selbst haderte und murmelte, los: "Endlich drei Mannen! Da wollen wir wohl mal ein Spielchen wagen, nicht wahr?", sagte er und seine Augen leuchteten dabei. Plötzlich wurde ich gewahr, dass er in seinen Händen lockend ein Kartenspiel hielt. Mögen das Schicksal und Shuzuk über mich befinden, dachte ich und griff auch schon nach der ersten Karte...

Am Abend dankte uns Fiss für das ihm entgegengebrachte Vertrauen. "In Chemlon ist es sicherlich nicht üblich so herzlich in einer Gruppe aufgenommen zu werden. Doch mich dünkt das ein Wink des Schicksals uns zusammenfügte, was unsere Amulette ja auch belegen", sprach der kleinwüchsige Schleimer zu uns. Khna und ich - wir schauten uns verständnislos an. Was meinte der Kleine nur damit?

19. Juni
Die Karten des Schicksals, ich kannte ja schon ihre Chancen und Gefahren seit der Begegnung mit dem Halbtroll Tyried am Rande des Kreuzgebirges, waren mir hold gewesen. Neben einem charismatischen Zuwachs und einem Aufstieg in einen höheren Rang, zog ich noch eine Karte namens "Visier", dessen Bedeutung mir noch nicht ganz klar ist. Auch Fiss und Khna ziehen die maximal mögliche Anzahl an Karten.

Ein wahrer Glückstag. Kaiman schenkte mir heute auch eine magische schwarze Robe, die er als den "Gewand der Seelen" bezeichnet. Im Gegenzug erbat er sich dafür einen Gegenstand aus dem Hort des Dämonendrakos, sollten wir diesen denn vernichten können. Ich willigte selbstredend ein und legte am späten Nachmittag einen Knochenkreis im Keller seines Hauses an, um später einmal wieder seine Gastfreundschaft nutzen zu können.

20. Juni
Audienz beim König Violl - Endlich kamen wir zum Herrscher des hiesigen Zwergenclans. Er begrüßte uns nach Form und Sitte sehr freundlich und schlug uns vor, für ihn zwei Aufträge zu erfüllen, für die er uns auch fürstlich belohnen wolle. Auch er wusste bereits von der Anwesenheit des Dämonendrakos und das wir diesen zu erledigen beabsichtigten. Sein erster Auftrag, den wir gerne vor unserer Mission in Angriff nehmen wollten, bestand darin, einen Mienenstollen von dämonisch korrumpierten Ogern zu säubern. Also zogen wir umgehend los, um genau dies zu tun.

Nach wenigen Stunden Fußmarsch erreichten wir auch die Lagerstätte der wilden Bestien. Mit meiner erstmals sehr wirkungsvoll eingesetzten Geisterwelle konnte ich acht von 12 in wenigen Sekunden töten. Fiss wurde hingegen schnell niedergestreckt und ich musste ihn wiederbeleben. Den restlichen Aufwasch besorgte Khna in bekannt zielsicherer Manier. Bei den Ogern fanden wir - welch glückliche Fügung - eine Reihe von Pergamentrollen, die Zaubersprüche für einen Geisterbeschwörer enthielten. Auch ein wenig Gold und ein paar Juwelen entdeckten wir.

Als ich dann mit Astralsicht die Höhle der Oger näher beleuchtete, erkannte ich eine zusätzlich sehr ungewöhnliche, rötliche Lederrüstung in Zwergesgröße. Ich erkannte mit meiner speziellen Fähigkeit Astralblick sogleich, dass es sich hierbei um ein wertvolles Stück mit potenter Magie handeln müsse. In einem wahnwitzigen Anfall von Großmut gab ich sie dem Fiss. Aber er zeigte sich Khna und mir gegenüber ja auch possierlich. So war er beispielsweise sehr nett zu mir, als er mit seinem Artefaktgeschichtswissen wichtige Neuigkeiten über mein Gewand der Seelen in Erfahrung brachte. Er sagte, dass ich für den fünften Faden lediglich einen x-beliebigen Dämon töten müsse und das dann beim letzten möglichen, dem achten Faden, ein Fürst der Niederweltler namens "Folterknecht" sterben müsse, um die volle Wirkung entfalten zu können. Auch erzählte er, dass das Gewand vor langer Zeit von einem mächtigen und sehr alten Geisterbeschwörer geschaffen wurde. Zusammen mit einer langen Sense und einem Knochenhelm, der einem Widderschädel ähnelt. Beschlossene Sache: Die Gegenstände stehen auf der Einkaufsliste und der Folterknabe auf der schwarzen.

Als wir mit diesem Ergebnis wieder beim König vorstellig wurden, berichtete er uns von dem zweiten Auftrag: Sein Berater Bainar, ein Geisterbeschwörer, sei verschwunden. Zusammen mit einer Gruppe von befreundeten Abenteurern. "Zu eurem Schaden soll es nicht sein, könnt ihr mir ihn wiederbringen", sprach er. Wir beschlossen, auch hier gerne hilfreich zu sein. Zunächst wollten wir aber diesen besagten Dämonendrako schnappen und den Weg in den Süden Chemlons fortsetzen.

25. Juli
Zur Vorbereitung des nicht ganz ungefährlichen Vorhabens haben wir fünf Wochen damit verbracht, die neuen magischen Gegenstände anzuweben. Mein "Gewand der Seelen" offenbarte sich dabei zusehends als Glücksgriff. Ich benetzte die Robe mit meinem eigenen Blute und kann sie seither als mein Zauberbuch verwenden. Die Zaubersprüche stickte ich als Runen auf den Talar und ich kann diese jetzt rötlich schimmern lassen. Nicht nur kleidsam und sehr modisch, sondern auch magisch und sehr hilfreich. Beim fünften Faden, den ich zur magischen Struktur weben wollte, musste ich allerdings feststellen, dass eine Tat erforderlich sein wird, um diesen Vorgang abzuschließen. Ein Barde der Stadt besah sich das gute Stück und sagte, dass ich wohl zunächst einen Dämonfürsten töten müsse... Herzlichen Dank, dachte ich, denn genau dies war auch ein Herzensanliegen meinerseits.

In den nächsten Tagen wollen wir uns dem Unvermeidlichen stellen. Der Dämonendrako muss sterben, damit wir unseren göttlichen Auftrag erfüllen können...