Chemlon, irgendwo
im Lande Norgroth des Jahres 705
28. Juni
Dieser Flammenbart muss einen Narren an uns gefunden haben. Wir reisen
nun gen Sed Fehir weiter, um dort in den unterirdischen Katakomben diesen
besagten Gargoylenkönig Unoma Vudd zu finden. Flammenbart erzählte,
dass er mit einem Bluteid gebunden sei und uns nicht Unomas Aufenthaltsort
verraten dürfe. Für eine Audienz beim erlauchten Flattermann
will er sich aber stark machen. Schade, dass wir diesem so nicht in einem
dunklen Keller auflauern können. Khna Wa jaulte so lange über
den Verlust seiner Waffen rum, dass ihm der Elementarist schließlich
eine zur Verfügung stellte.
29. Juni
Während Tarn, Flammenbart und ich auf der Suche nach Kräutern
durch die Hecken und über die Wiesen streifen, geht der Dunkle Ritter
jagen. Abends beim Lagerfeuer beginnt er damit, Kleidung aus der Haut
von den Tieren, die er erlegte, zu fertigen. Ich belüge bei der Gelegenheit
den Herrn Flammenbart ob unserer wahren Absichten und Beweggründe
zur Auffindung des Unoma Vuud. Erzähle ihm was von göttlicher
Mission, dem Buche "Die Begehung des Jenseits" und ein Mondwächtermärchen.
Kaum zu glauben, dass so ein gutgläubiger - möchte fast naiver
schreiben - Held so lang auf den Wegen Chemlons hat wandeln können.
Wie dem auch sei. Später werden wir ihm dann vielleicht reinen Wein
einschenken. Erst mal sehen, ob der Knabe nicht doch ein ganz durchtriebenes
Bürschchen ist.
11. Juli
Ankunft in Sed Fehir. Reise war stinkenslangweilig. Früher sind wir
häufiger mit bösem Krauchzeugs zusammengerasselt. Vielleicht
gibt's die großen Abenteuer auch nur noch im hohen Norden zu bestehen?
Es stellt sich heraus,
dass Flammenbart ein alter Freund des Vorstehers von Sed Fehir ist. Prinz
Tristan Kendrik begrüßt den Elementaristen sehr erfreut. Weniger
glücklich wirkt er, als ich von unser Begegnung mit dem höheren
Dämonen-Drako berichte. Er glaubt offenbar, dass wir besessen sein
könnten oder von dem Unterweltler gemarkt wurden. Welch Narr! Erst
als Fenchu sein Wort für uns gibt, ist er etwas entspannter. Khna
bekommt vom Prinzen ein altes, rostiges Breitschwert, welches dieser als
Zweitwaffe benutzen will. Ich erkundige mich bei dem Schreiner nach den
in Auftrag gegebenen Bauplänen für meine Lehranstalt der dunklen
Künste. Dann steigen wir über einen alten Brunnen in die Verliese
von Sed Fehir hinab... Flammenbart will uns bei seinem Lehrmeister, dem
zwergischen Elementaristen Komli Teunus unterstellen, während er
um die Audienz beim Gargoylenkönig betteln geht.
Die Gänge sind
dunkel und feucht. Man muss hier offenbar jederzeit mit bösen Überraschungen
und hungrigen Kreaturen rechnen. Nach einigen Stunden des Wandels unterhalb
der Stadt in denen jedoch nichts aufregendes passierte, kommen wir in
einer etwas geräumigeren Kammer an. Dort begrüßt uns Komli
Teunus. Nach der üblichen Vorstellungsarie, bei dem der Kleinwüchsige
uns etwas misstrauisch beäugt, macht sich Fenchu auf die Socken zu
Unoma Vudd. Zuvor weihe ich ihn jedoch in unsere wahren Beweggründe
ein und berichte von unser unfreiwilligen Begegnung mit dem Imperator
und das wir innerhalb eines Jahres und eines Tages dem Drachen Unomas
Amulett der Schwingen besorgen müssen. Fenchu ist nicht sonderlich
begeistert von den Nachrichten, macht sich aber dennoch auf den Weg. Wie
gesagt: Er muss einen Narren an uns gefunden haben.
12. Juli
Fenchu Flammenbart ist zu uns zurück gekehrt. Er hat gute Nachrichten
im Gepäck: Der Gargoylenkönig gewährt uns eine Audienz.
Offenbar eine seltene Ehre. Der Elementarist berichtet, dass Unoma davon
ausgeht, dass sein alter Feind ihm mit dem Beschaffungsauftrag eins auswischen
wollte. Gegen Mittag brechen wir auf, um zu den Höhlen der Gargoylen
zu kommen. Unbeschadet erreichen wir nach etwa sechs Stunden Fußmarsch
unser Ziel. Unheimliche Gänge und verborgene Wege sind das in den
Verliesen. Ganz nach dem Geschmack eines Geisterbeschwörers! Hier
darf ich glücklich sein.
Am Eingang zum Gargoylen-Clan
empfängt uns eine Eskorte von großgewachsenen Wesen mit Flügeln.
Solche Gargoylen haben wir noch nie gesehen. Sie scheinen intelligent
zu sein und unterhalten sich in einer mir unbekannten Sprache.
Wir werden durch eine
Art Dorf mit einer Hand voll ritueller Plätze geführt und gelangen
zu einem Anwesen, in welchem zweifelsohne der König residiert. Als
wir in eine kleine Halle gelangen erblicken wir dann auch Unoma Vudd,
der auf einem mächtigen Steinthron wartet. Er ist deutlich größer
als die herkömmlichen Gargoylen und misst etwa 4 Meter. Imposante
Gestalt dachte ich mir und erkannte sofort ein seltsames Amulett, welches
er am Halse trug... Noch tiefer beeindruckte mich hingegen ein Stock auf
dessen Knauf seine Hand ruhte. Der Knauf war ein Totenschädel!
Unoma Vudd stellte
sich dann als selbstgefälliges, arrogantes und anmaßendes Wesen
heraus. Er wisse nicht, warum er uns helfen solle, sagte er. Und überhaupt
gingen ihn das Spiel der Erhabenen und das Ringen von Gut und Böse
nichts an. Nach einer Weile der Ratlosigkeit unsererseits, bot ihm Fenchu
seine Dienste an, wenn er uns denn weiterhelfe. Und der törichte
wie unwissende Khna versprach ihm sogar das Buch von der Begehung des
Jenseits, wenn er uns beim Finden des Dämonendrakos und bei der Sache
mit dem Imperator Schützenhilfe gewähren könne. Ich protestierte
lautstark gegen diesen Vorschlag, denn das Buch sei mein für immerdar!
Zwar war es mir gerade erst abhanden gekommen, doch auf solch einen schikanösen
Kuhhandel wollte ich mich auch dann nicht einlassen, wenn es dabei um
mein elendiges Leben ginge!
Tarn und Khna warfen
mir sofort böse blicke zu. Ich willigte dann doch bei dem Deal ein.
Immerhin könnte sich ja noch eine Gelegenheit bieten, dem Gargoylenkönig
das Buch vorzuenthalten! Man wird das abwarten müssen, dachte ich
mir und pries meine dunkle Gottheit Shuzuk für die List und Tücke,
die sie mir einst in die Wiege legte.
Unoma - wenn er auch
vorgab, kein Interesse an Chemlons Geschicken zu haben - schien mir ein
wenig elektrisiert bei der Erwähnung des Buches. Und so sagte er
uns Hilfe zu. "Ihr bringt mir das Buch und wie weiter damit verfahren
wird, soll einzig mein Wille sein", sprach der Flattermann anmaßend.
Kurz darauf huschte
ein Schatten von der linken Seite des Thrones davon. Ich war mir sicher,
dass dies ein Geist unter seiner Kontrolle sein müsse. Auch dachte
ich, eine Art unverständlicher Geistersprache gehört zu haben.
Dann erklärte uns Unoma, dass er bald von seinen Häschern im
Astralraum Nachricht über den Dämonendrako erhalten werde und
sich nun zunächst einmal Gedanken machen werde, wie der Eid mit dem
Drachen zu lösen sei.
Einige Stunden später
empfing er uns erneut zu einer abendlichen Audienz. Er verkündete,
dass er ein Duplikat seines Artefakts der Schwingen anfertigen werde,
welches wir dann dem Imperator bringen könnten. Dieses Unterfangen
werde aber einige Zeit in Anspruch nehmen, denn immerhin müsse damit
ein Drache getäuscht werden.
Sogleich unterbreiteten
wir ihm den Vorschlag, dass er bei dieser Gelegenheit auch eine Kopie
seines Kopfes anfertigen sollte. Denn der Böse Imperator hatte uns
versprochen, dass wir eine freie Auswahl in seinem Horte hätte, wenn
es uns gelinge, Unoma Vudd zu töten...Dies erzählten wir nun
Unoma und sicherten zu, dass wir ihm sogar einen Gegenstand aus dem Hort
brächten, wenn er uns in diesem Punkte behilflich sein könne.
Bei unserem Bericht
von der Bergung des Drachen-Eis und der Geburt des Drachens - eine Geschichte
mit der wir ob ihrer Außergewöhnlichkeit gerne hausieren gehen
- zeigte sich Unoma leider nur mäßig interessiert. Er orakelte
aber etwas wie "Sie ist auf der Suche nach der Geschichte der Drachen,
sie könnte es interessieren.." Wir werden also bei passender
Gelegenheit diese "sie" finden müssen...
Von größerem
Interesse, so der Herr der Gargoylen, sei für ihn ein Schwert des
Clans, welches sich im Hort des Imperator befinde. Er würde diese
Waffe gerne zurück im Schoße seines Volkes wissen, teilte er
uns mit. Einst trug ein Freund des Clans, ein gewisser Dämonenjäger
namens Wrirko das Schwert, erklärte er.
Unoma Vudd zeigte
sich letztendlich doch noch großzügiger als ich erwartet hatte
und als überhaupt zu erwarten war. Wie es guter Brauch in den Landen
Chemlons unter den Angehörigen der gleichen Profession ist, so bekam
ich einen Zauberspruch von ihm. Er holte einen alten Ledereinband hervor
- offenbar aus Dämonenhaut gefertigt - und ich erhielt den Spruch
Durchgang von ihm, der es uns künftig ermöglichen sollte, weite
Distanzen zu überbrücken.
Da die Anfertigung
der Kopien vom Talisman der Schwingen eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen
würde, entschlossen wir uns, die Verliese unter Sed Fehir in der
Zwischenzeit zu erkunden. Uns dürstete es nach einem Hort und vielen
Kreaturen, die wir zu töten gedachten.
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