Chemlon, irgendwo
im Lande Norgroth des Jahres 705
24. April
Wir "parken" das Geisterschiff unweit von Kedus Faith, dort
wo wir bereits auch den anderen Kahn anlandeten mit dem wir von Sed Fehir
aus in See gestochen waren. Sogleich begaben wir uns in die Stadt. Allerdings
nicht bevor wir uns einige Lumpen zum Anziehen bei einem vorgelagerten
Gehöft besorgt hatten. Immerhin hatte der Drache Imperator uns nackig
geflammt! Während sich Khna beim Booking-Office der Arena erkundigen
wollte, ob sich in unserer Abwesenheit ein Kampf mit ihm hatte organisieren
lassen, ging ich auf den Markt und in die Kneipe um allerlei Unsinn anzustellen.
Der Mönch Tarn trabte zum Schmied, um dort einen so genannten Todespfeil
untersuchen zu lassen.
Der dunkle Ritter
Khna erfuhr doch tatsächlich, dass er einen Arenakampf wagen könne
und der gute Hüne entschied sich für die "Auf Leben und
Tod"-Variante. Also war auch jegliche Option a la "Hilfe ich
bin ein grober Klotz, lasset mich hier raus!" von vornherein ausgeschlossen.
Das Spektakel würde in einer Woche stattfinden und er müsse
dabei gegen drei Gegner aus jeweils dem sechsten Kreis ihrer Profession
antreten. Khna erbat sich ein Schwert als Preis für einen Sieg und
der Veranstalter willigte ein. Später am Tage erfuhren wir dann,
dass es sich bei den drei Gegner im blutigen Schaukampf um orkische Krieger
im Dienste des Schwarzen Zahns handeln würde, die vor den Toren von
Kedus Faith unter herben Verlusten der Stadtwache aufgegriffen wurden.
Weitere Orks konnten dabei zur Strecke gebracht werden.
Als wir dann zu Harback,
dem gütigen wie pensionierten Dämonenjäger kamen, der auf
die befreiten Kinderlein aufpasste ("Ach, meinen kleinen Rackern
geht es prächtig!"), erfuhren wir überaus wichtige Details
zu dem Auftrag des Imperators, den wir innerhalb eines Jahres zu erfüllen
uns verpflichtet hatten. Das Artefakt "Unomas Talisman der Schwingen"
befinde sich im Besitz des Gargoylenkönigs Unoma Vudd, sagte Harback.
Dieser hause mit seinem Clan in den Verliesen tief unterhalb von Sed Fehir.
Der Talisman sei eng mit der Person von Unoma verbunden. Harback wusste
zudem zu berichten, dass eine andere Abenteurergruppe, die einst in Kedus
Faith Station machte, Kontakt zu dem Gargoylenkönig hatte. Darunter
sei ein Elementarist namens Fench Flammenbart gewesen und der große
Kämpfer G`Daan. Auch diese Helden seien dereinst dem Imperator begegnet
und dabei sogar noch deutlicher geröstet worden. Flammenbart solle
dies jedoch überlebt haben, so Harback. Über dessen weiteren
Verbleib konnte der Dämonenjäger allerdings keine Auskunft geben.
Am sehr späten
Abend, kurz vor der Tagwende, ging ich vor die Tür des Hauses und
stimmte zu meiner üblichen Trauerlitanei an. Mein treuer Geistgefährte
Honschu war ja im Abenteuer mit dem bösen Elemtaristen perdu gegangen.
Mein Leid war groß und ich rief laut und dann leise nach ihm...
Zu meiner großen Freude erlebte ich eine noch größere
Überraschung. "Geliebter Meister!" hörte ich es in
mein Ohr säuseln und tatsächlich: Mein geliebter Honschu war
wieder da. Wir verbrachten fast die ganze Nacht mit Wiedersehensplaudereien.
25. April
Am Morgen erfuhren wir, dass die Wetten gegen unseren Khna`Wa stehen.
Mit 7 zu 1 werden die Orks favorisiert! Wir lachen uns ins Fäustchen,
da wir dem Dunklen viel im Kampfe zutrauen und beschließen, einen
ganzen Batzen Geld auf unseren Kameraden zu wetten. Genau gesagt: Alles.
Zuvor vergaßen
wir jedoch nicht, uns standesgemäße Kleidung auf den Leib schneidern
zu lassen. Meine Garderobe stellte ich mir wie folgt zusammen: Enge wasserabweisende
Lederhosen und ein mit geschwärzten Nieten besetzter Gürtel,
an dem eine kleine, abnehmbare Ledertasche angehängt ist. Zudem eine
schwarze Lederweste, darunter ein Satz warme Pullover und ein dunkles
Hemd. Eine eng am Körper anliegende Jacke aus derbem Stoff und hohem
Mandarin-Kargen rundet das Bild ab. Natürlich kaufte ich auch eine
weite Kapuzenkutte, die ich zur Verschleierung meiner tatsächlichen
Gestalt und meiner Erscheinung zu tragen beabsichtige. Die Kapuze lässt
sich bis tief in das Gesicht ziehen.
Nach der Modenschau
begaben wir uns zum Vorsteher des örtlichen Tempels und befragten
Ceta nach Unoma Vudd. Ceta konnte uns interessante Informationen liefern,
die von größter Bedeutung sein könnten, sollten wir die
Gargoyle ausfindig machen. Er erzählte von einer sehr alten Legende,
in der von der Geschichte Unomas und seiner Zwillingsschwester Anima die
Rede ist. Sie waren unzertrennlich, besaßen unglaubliche Kräfte
und Waren das Führungsgestirn des Gargoylenclans der Vudd. Dieses
Volk wanderte in die Tiefen der Erde ab und verschwand so aus den meisten
Geschichtsbüchern Chemlons. Zum Ende des 2. Zeitalters wurden die
Vudd aber von den Dämonen aus den Niederwelten entdeckt, die häufig
die unteren Ebenen Chemlons nutzten um unbemerkt für längere
Zeit diese Welt zu betreten. Die normalen Dämonen mussten schnell
feststellen, dass die beiden Zwillinge der Vudd, wenn sie kämpfen
mussten, gewaltige Gegner darstellten. So brachten Unoma und Anima viele
Dämonen zur Strecke. Mit der Zeit kamen so auch immer mächtigere
Dämonen, aber die Macht der Zwillinge wuchs ebenfalls mit jedem Dämon
den sie vernichteten. Doch dann kam eines Tages der, wenn man den alten
Legenden glauben darf, mächtigste aller Dämonenfürsten.
Die meisten Völker nennen ihn in ihren Geschichten nur "Zorn".
Er ist so unglaublich boshaft und scheinbar unbesiegbar. Selbst Unoma
und Anima konnten ihm nicht lange trotzen. Anima starb in dem Kampf und
Unoma fiel einem dämonischen Steinfluch zum Opfer. Doch bevor er
sich nicht mehr rühren konnte, schwor er allen Dämonen Rache.
Zorn schien der Gedanke an einen neuerlichen Kampf zu gefallen, denn Unoma
war ein äußerst würdiger Gegner und so beließ er
es bei dem Fluch. Der König der Gargoylen sei aber jüngst von
dem Fluch befreit worden, so Ceta abschließend.
26. April.
Heute machten wir alles an tragbarem Besitz zu Geld. Die Wettquote war
auf 5:1 gesunken. Wahrscheinlich hatten einige Bürger die stattliche
Gestalt von Khna durch die Gasse der Stadt schreiten sehen... Ich veräußerte
also ein Syhak-Horn und einen Edelstein.
29. April
Der große Kampf soll heute stattfinden. Die Arena ist bereits komplett
ausverkauft. Ich denke, dass die Besucher Blut sehen wollen. Auf den Plakaten
ist unser Freund als "Khna der Dunkle" angepriesen. Er wollte
seine wahre Profession nicht in alle Welt hinausposaunen. Ich kann das
gut verstehen, wäre mir ja auch peinlich so was. Tarn begibt sich
Stunden vor dem Wettstreit um Leben oder Tod zu Khna in die Vorbereitungskammer
des Hünen. Er macht einen auf geistlicher Beistand. Kurz vor dem
Beginn des Gladiatorenkampfes müssen der Mönch und ich feststellen,
dass wir keine Barschaft mehr verfügen, um Karten für das Spektakel
zu erwerben! Wir haben alles in die Wetten gesteckt... Nach kurzer Überlegung
veräußern wir schnell einiges Krautzeugs und bekommen noch
gute Plätze neben unserem Freund Harback. Die Arena ist komplett
ausverkauft, auf den Rängen toben die Zuschauermassen. Dann ertönen
Posaunen und die Akteure betreten das Rund durch unterirdische Zugänge.
Manno, denke ich mir, diese Orks sehen wirklich scheußlich und auch
gefährlich aus! Wirklich hilfreich in den Kampf einzugreifen erscheint
Tarn und mir nur als eine allerletzte Möglichkeit. Über die
Einhaltung der Regeln wachen Schiedsrichter und einige Bogenschützen.
Letztere würden die Kombattanten und den illegalen Helfern ohne mit
der Wimper zu zucken durchaus unter Feuer nehmen. Schummeln also nur die
Notlösung. Als jedoch der Kampf entbrennt und die drei Krieger auf
Khna eindreschen, diskutieren Tarn und ich flugs alle Hilfsoptionen. Tarn
müsse in diesem Falle prügelnd in den Ring springen, während
ich meinen Knochenbrecher gezielt auf die Bogenschützen lenkte. Zugleich
müsste mein Honschu per astralem Portal einen Fluchtweg öffnen.
Wie gesagt: Eine überaus illegale Notnummer.
Der Kampf dauerte
nicht sonderlich lange. Obwohl Khna`Wa von den Kriegern schnell zu Boden
geschlagen wurde, gelang es ihm doch innerhalb kürzester Zeit seine
Widersacher einen nach dem anderen zu töten. Dem letzten Ork schlägt
Khna dann sogar gekonnt den Kopf ab und tritt ihn mit dem Fuße,
so dass dieser in die johlenden Zuschauerränge fliegt. Als Preis
für den Kampf erhält Khna von den Veranstaltern ein prächtiges
Schwert, welches vom örtlichen Schmied gefertigt wurde. Sprechchöre
lobpreisen den "Dunklen Khna" und lassen ihn hoch leben. Während
Tarn und ich aufbrechen, um bei unseren Buchmachern den fetten Wettgewinn
einzustreichen, wird Khna auf den Händen der Leute durch die Stadt
getragen und als Held gefeiert. Tarn und ich denken uns, dass die Lobpreisungen
etwas überzogen sind. Immerhin erschien uns die kalkweiße Nase
unseres Freundes als Anzeichen dafür, dass man ihn wohl doch recht
übel ramponiert hatte.
Tarn und ich organisierten
auch die Schiffsfahrt nach Sed Fehir für den nächsten Tag und
buchen ein großes Segelboot für lumpige 50 Gold, kaufen zehn
Heiltränke für 450 Gold und genug Proviant für die Reise
ein. Nein, wir verbrachten unsere Zeit nicht nur damit, zu spotten!
30. April.
Abfahrt in Kedus Faith. Wir nehmen noch mein Geisterschiff und das in
Sed Fehir geliehene Boot in Schlepptau, verladen die Kinder und verabschieden
uns von Harback, der zum Ausdruck bringt, dass er die "kleinen Racker"
vermissen wird.
6. Mai
Wir werden von Kendrik in Sed Fehir willkommen geheißen. Er hatte
offenbar nicht mit unserer Rückkehr gerechnet. Wir kommen auch unseren
Versprechungen nach und bilden einige seiner Männer aus. Ich finde
einen Zimmermann, der sich auch in der Kunst der Architektur ein wenig
versteht und beauftrage ihn, erste Baupläne für Gebäude
der "Lehranstalt der dunklen Künste" zu errichten. Ich
verspreche ihm für seine Mühen eine schöne Axt.
13. Mai
Wir brechen mit den Kindern zur Heimstätte ihres Menschendorfes am
südlichen Ende des Kreuzgebirges auf. Veranschlagt wird eine rund
30tägige Reise.
25. Mai
Die Kinder quengeln mir zu viel. Hoffentlich sind wir bald da.
12. Juni
Ankunft beim Menschendorf. Sie sind zu meinem Erstaunen alle sehr erfreut,
ihre Rotznasen und Bauernbengel wieder in die Arme schließen zu
können. Während der Reise fiel mir eine ausgezeichnete Verwendung
für das Bewohnermaterial des Dorfes ein. Ich will daher versuchen,
sie davon zu überzeugen, dass sie mir die Lehranstalt in den Sümpfen
von Gyoll bauen. Der Oberheini geht leider nicht sofort auf meine Vorschläge
ein, obwohl ich ein schönes Schreckens- und Gefahrenszenario für
seine Schäflein ausmale. Erst als mir Khna widerwillig beisteht,
zeigen sie mehr Kooperationswillen. Sie gänzlich zu überzeugen
wird aber wohl nicht einfach, fürchte ich. Da wir ja quasi in Eile
sind, wollen wir am nächsten Tag schon wieder aufbrechen und nach
Sed Fehir schreiten, den Unoma zu finden.
20. Juni
Heute sind wir einem menschlichen Schüler des Elementaristen Fenchu
Flammenbart über den Weg gelaufen. Die Götter meinen es offenbar
gut mit uns. Er sagte, dass er von seinem Meister losgeschickt wurde,
um einen Holzelementar zu finden. Dabei können wir ihm zwar nicht
helfen, doch verrät er uns, dass sein Boss zuletzt in der Schule
der Magie, also in der Shon`Jir gewesen sei... Wir beratschlagen kurz,
ob wir ihn dort aufsuchen, bzw. suchen sollten. Denn ungewiss ist, ob
er tatsächlich gerade dort verweilt. Wir entscheide uns dazu, seinem
Schüler Vrak einen Brief von uns mitzugeben, den er bei nächster
Gelegenheit seinem Herren in der Schule hinterlegen möchte. Eine
Abschrift des Schreibens habe ich hier beigefügt:
Wehrter
Herr Flammenbart,
wir hörten
von Euren wohlfeilen Taten im Lande Chemlons. Wir, eine Abenteurergruppe,
bestehend aus dem Geisterbeschwörer Moriater Gulgauer, dem Ritter
Khna´Wa und dem Mönch Tarn (allesamt im zehnten Kreise), sind
Figuren im Spiel der Mächtigen und auf der Suche nach dem legendären
Unoma Vudd. Eile ist geboten und wir möchten Euch bitten, möglichst
rasch zu uns nach Sed Fehir zu kommen. Wir werden eine weitere Botschaft
bei Kendrik hinterlassen und wenn die Zeit weiter drängt wohl auch
schon auf eigene Gefahr hin in die Verliese hinab gestiegen sein. Zögert
bitte nicht! Eure Hilfe könnte von größter Bedeutug sein
und nicht zu Eurem Schaden.
Als Zeichen
unserer guten Absichten legen wir Euch ein Pergament anbei, auf welchem
wohl ein Zauberspruch für einen Elementaristen zu lesen ist.
In göttlicher
Verbundenheit,
Moriater
Gulgauer für die Gemeinschaft
Nachdem wir Vrak den
Brief übergeben hatten, verabschiedeten wir uns und setzten unseren
Weg fort.
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