Chemlon, irgendwo
im Lande Norgroth des Jahres 705
18. März 705
Viele Stunden später. Unsere Wunden sind verbunden und wir sitzen
zusammen in einer verwinkelten Ecke dieser Höhle. Viel Lob und Anerkennung
erwarb sich der vormalig oft als pomadig gescholtene Mönch Tarn.
Ihm und seinem heldenhaften Einsatz war es zu verdanken, dass unsere Abenteurergruppe
noch unter den Sternen Chemlons wandeln darf. Ich will aber dem gütigen
Leser die ganze Geschichte eines Kampfes berichten, von dem noch die Kinder
und Kindeskinder des Khna`Wa erzählen werden.
Als wir uns in der
Höhle des wahnsinnigen Elementaristen langsam vortasteten, konnten
wir nach wenigen Minuten eine größere Halle einsehen, die geteilt
war von einem tiefen Spalt im Felsen. Das Leuchten aus diesem Riss heraus
und die zunehmende Hitze machte uns klar, dass auf dem Grund des Spaltes
sicher Lava vor sich hin brodelte und blubberte. Wir erspähten zudem
sieben kleinere und einen fetten Feuerelementar. Sicher waren dies die
Schergen des Elementaristen, die hier Wache hielten. Mit dem Gegenzauber
des kleineren Teils der "Gebrüder Tod" fühlten wir
uns jedoch recht siegesgewiss.
Wir schlichen uns
als weit an die Gegner heran und bereiteten uns auf eine wahrlich hitzige
Zusammenkunft vor. Feuermoos und andere Kräuter sollten unsere Fähigkeiten
beflügeln. Ich richtete mir zudem mein schützendes Nebelschild
ein. Und tatsächlich verlief der dann entbrannte Kampf zunächst
sehr hoffnungsvoll. Während sich Tarn einen kleinen "Feuermolch"
vornahm, feuerten Val und ich unsere Zauber auf den großen Brocken
ab. Zusammen mit dem von Khna gerittenen Sturmangriff war dieser Koloss
schnell besiegt.
Noch bevor wir uns
gründlich den anderen Gegnern widmen konnten, surrte etwas heran,
was wir zuvor in dieser Art noch nie gesehen hatten. Auf einem fliegenden
Thron eilte der Herr und Meister der Feuergeschöpfe heran. Der zwergische
Elementarist wurde von einer Art Luftelementar umschwirrt. Er hielt drohend
einen kurzen, knorrigen Stab in seiner Hand und war sichtlich unerfreut
über unser Eindringen in sein Refugium. Val und ich belegten ihn
augenblicklich mit wüsten Zauberformeln, doch zu unserem Entsetzen
verpuffte deren Wirkung nahezu spurlos. Wir schlossen daraus, dass ihn
eine besonders starke magische Aura schützen müsse. Als wir
zu dieser späten, ja zu späten Erkenntnis kamen, da war es auch
schon zu spät. Dank des Gegenzaubers von Brüderchen Val waren
zwar auch die Angriffe des Zwergen mit höllischen Feuerbällen
wirkungslos, doch mittlerweile waren uns dessen Geschöpfe auf den
Pelz gerückt. Als ein Feuerelementar mein geliebtes Brüderchen
aus den Schuhen katapultierte und er regungslos zusammensackte, da war
es auch um unseren besonderen Schutz geschehen. Die Zauber-Patt-Situation
war zu unseren Ungunsten entschieden. Der eifrig kämpfende Khna`Wa
konnte auch zu keiner Wende in diesem Kampfe beitragen, da der Thron des
Elementaristen über der Lavaspalte schwebte und er auf seinem Geisterpferd
hockte und wegen seiner zu kurz geratenen Arme nicht auf ihn einprügeln
konnte. Mich und meinen gütigen Honschu traf gleich der nächste
Feuerball des Zwergen und ich verlor das Bewusstsein. Später erzählte
mir dann der kühne Hüne, dass er sogar vergebliche Versuche
unternahm, den Kerl auf dem Schwebe-Sessel mit einer Armbrust zu treffen.
Wie gesagt: Es war ein eher lächerliches Unterfangen und die nächsten
Feuerbälle fällten dann auch den guten Khna.
Einzig Tarn war noch
im Rennen zur Rettung unserer aller Leben. Gleich zu Beginn des Kampfes
war er mit einem mächtigen Sprung auf die andere Seite der Felsspalte
gehüpft, um sich dort eine Reihe kleinerer Feuerelemente vorzunehmen.
Als er uns dann samt und sonders hat eingehen sehen, wagte er ein durchaus
heldenhaftes Kabinettstückchen aus seinem Akrobatik-Repertoire. Mit
kurzem Anlauf, so jedenfalls stellte er es später in der Erzählung
dar, hob er ab zu einem waghalsigen Sprung, der ihn direkt auf den fliegenden
Thron beförderte. Dort will er dann breitbeinig auf den Lehnen des
Schwebesessels gelandet sein. Na ja, klingt schon heldenhaft in der Erzählung,
denke ich mir. Mit einem fulminanten Schlagwirbel erledigte er in der
Folge zunächst den Luftelementar-Schutzgeist und im gleichen Atemzug
den Elementaristen. Als diesem das Lebenslicht ausgepustet ward, sackte
plötzlich auch dessen Thron ab und war drauf und dran in die Lava
zu stürzen. In wiederum selbstloser Manier vergaß der gute
Tarn es nicht, dem besiegten Feinde den knorrigen Stab aus der Hand zu
reißen, bevor er vom Thron absprang und noch gerade die rettende
Kante der Spalte erreichte. Der tote Zwerg versank samt abschmierendem
Sessel in den köchelnden Fluten der Glut.
Nach der Einnahme
seltenster Kräutern öffneten wir allesamt wieder die Äuglein.
Wir sorgten uns um unsere Wunden, verbanden diese auch und mein Erholungszauber
besorgte die restliche Wiederherstellung unserer körperlichen Kräfte.
Und als mir dann die olle Mönchskutte Tarn den Stab des Zwerges überreichte,
war ich wohl erstmals vollends von seinem höheren Nutzwert für
die Abenteuergruppe überzeugt. Das mag jedoch auch damit im Zusammenhang
stehen, dass er in der Zwischenzeit zu meiner dunklen Göttin Shuzuk
konvertierte. Furchtbar erschüttert war ich ob der Tatsache, dass
Honschu mir abhanden gekommen war. Ihn musste wohl der Feuerball arg erwischt
haben. Ich schrie meinen Kummer laut aus, doch eine Antwort Honschus erklang
nicht. Eines Tages wird er zu mir zurückkommen. Ich werde auf meinen
treuesten Begleiter warten...
Anschließend
durchstöberten wir die Höhle und fanden in der Tat das besagte
Buch "Die Magie - Ein reißender Fluss" in einem Versteck.
Zudem stießen wir auf ein Alchemie-Labor und nahmen dort eine Reihe
von nützlichen Tränken mit. Auch ein recht unleserliches Tagebuch
des Zwergen konfiszierten wir, aus dem eine Karte für ein unterirdisches
Höhlensystem fiel. Zwei seltsame Sätze waren in dem Tagebuch
zu entziffern: "Sie vertraut mir jetzt" und "Mit ihrer
Hilfe könnte ich die Macht des Buches entfesseln." war zu lesen.
Da wir jedoch schon
vom Mondwächter Ninh`G`Je von einer besonders garstigen Wesenheit
auf dieser Insel hörten, die sogar der Imperator nicht als niedere
Kreatur ansehe, sparten wir uns ein weiteres Forschen in dem unterirdischen
Stollensystem für spätere Zeiten auf. Zunächst einmal wollten
wir samt Buch zurück zu den Blutklippen segeln, um dort dem Mondwächter
Bericht zu erstatten und eine Belohnung für die Mühen zu ergattern.
Mein Brüderchen Val hatte in der Zwischenzeit das Magie-Buch in Verwahrung
genommen und liebkoste es ähnlich wie ich es für gewöhnlich
auch zu tun pflege mit meinem Niederwelten-Schmöker.
22. März
Nach 4 Tagen Abstieg aus dem zerklüfteten Gebirge erreichten wir
wieder unser Mietboot und stachen in See. Auf dem folgenden Törn
gen Imreth Sed, der rund sechs Tage dauern sollte, begann ich einen Faden
zum Stab zu weben. Tarn verbrachte viel Zeit bei Kapitän Bourk, um
weiteres Wissen über das Lenken von Booten zu sammeln.
28. März
Ankunft beim Mondwächter. Ninh`G`Je, der Gewaltige, empfing uns herzlich
und Val zeigte ihm das gefundene Magiebuch. Auch mein Buch, die Begehung
des Jenseits, gab ich ihm erneut - wenn auch nur ungern und eher zögerlich.
Er entlohnte uns dann fürstlich. Zwar duften wir nicht in seiner
Schatzkammer spazieren gehen und etwas frei auswählen, doch wir trugen
unsere Wünsche vor und sie wurden erfüllt. Während Tarn
fortan auch als gewöhnlicher Mönch hausieren gehen kann und
dies zudem auch in der Lage ist, anderen Personen beizubringen und Khna
noch mehr Ausstrahlung und Schönheit erlangte, gewährte man
mir eine Besonderheit für meine Gepanzerte Zaubermatrix. Diese ist
nun in der Lage, ganze zwei Fäden je darin enthaltenem Zauberspruch
zu halten. Welch großes Geschenk! Meine Macht wurde erneut verbreitert.
Ninh`G`Je bestätigte
auch unsere Befürchtungen zu der Wesenheit auf Imreth Barestra. Befragt
nach meinem "Großvater" Tal`Sea, so sagte er, dass dieser
"in gewisser Weise noch unter der Sonne Chemlon" sei, ohne jedoch
weitere Details preisgeben zu wollen. Den Stab des Elementaristen bezeichnete
Ninh`G`Je als Machwerk von Cadea.
Die anderen Bücher
zu finden, so beschied uns der Mondwächter, sei hingegen nicht unsere
Aufgabe, sondern in die Hände einer anderen Abenteurergruppe gelegt.
Auch debattierten wir kurz über die Frage, ob es weise sei, das Buch
"Die Begehung des Jenseits" tatsächlich in den Süden
zum "Erforscher der Niederwelten" in die Glutsümpfe zu
tragen. Ninh`G`Je, so wie es die Mondwächter viel zu oft tun, drückte
sich um eine klare Antwort.
Aber als weitere Hilfe
von unschätzbarem Wert gab er uns schließlich einen Katamaran,
den er einst für einen anderen Helden baute. Dann verabschiedeten
wir uns und fuhren mit ebendiesem prächtig sich in den Wellen schmiegenden
Schiff nach Kedus Faith. Natürlich vergaßen wir nicht, uns
noch bei unserem Kapitän Bourk zu melden und auch ihm für seine
Dienste zu danken. Er war sehr angetan von unserem Boot.
2. April
Ankunft in Kedus Faith. Die Fahrt war ein Kinderspiel. Der Katamaran,
den wir auf den Namen "Wellenschatten" tauften, fuhr fast wie
von alleine. Man bedenke, dass Tarns Segelkünste noch nicht allzu
weit ausgereift waren! Und dennoch verlief die Überfahrt ohne Probleme
völlig reibungslos. Auch fand ich Zeit, mich von Khna noch ein wenig
im Schwimmen unterrichten zu lassen. Wir wollen zunächst lediglich
eine kurze Station in Kedus Faith machen, um hier Proviant für die
Fortsetzung unserer Reise an Bord zu nehmen. Dann entschieden wir uns
aber zu einem zweiwöchigen Aufenthalt, damit ich Gelegenheit hätte,
weitere zwei Fäden zu dem Gegenzauberstab von Cadea zu weben. Die
richtige Vorbereitung ist manchmal halt alles... Zunächst besuchten
wir jedoch den Dämonenjäger Harback, der auf die von uns befreiten
Menschenkinder aufpasst. "Ja, ja, die kleinen Racker, sie sind schon
eine Freude", erklärt er und wir waren beruhigt, da er uns versicherte,
dass die Kinder noch eine kleine Weile bei ihm verbleiben könnten.
Der Suche nach dem Schatz stand also nichts mehr im Wege.
14. April
Verpflegung für vierzehn Tage ist gebunkert. Wir stechen in See.
19. April
Ankunft. Auf dieser Insel soll der Drache namens Imperator hausen... Wir
geben besondere Obacht und wollen eine Begegnung vermeiden. Immerhin wollen
wir lediglich den Schatz bergen, den Tarn in seinen Visionen sah. Zu unserem
Glück findet er den Eingang ohne Probleme. Dort stehen wir nun und
rätseln über die oberhalb eines kleinen Portals angebrachte
Runen. Was mag wohl die Lösung dieser Aufgabe sein?
Rätsel: Es kommt
immer vorher, es kommt immer nachher. Steigt nur in der Dunkelheit, aber
steigt nur im Leuchten. Es ist immer das Gleiche, aber es ist doch immer
anders."
Aus Tarn sprudelt
es hervor: "Mond!" und die Runen verschwinden. Die erste Hürde
war geschafft. Eine neue Schrift erschien und ein neues Rätsel war
uns gestellt. Das nächste Raterätsel löste dann der große
Hüne. Ich war völlig verblüfft, dass Khna die Lösung
des vertrackten Rätsels so leichtfertig aus seinen schrägen
Hirnwindungen schälte. Sei es drum. Nachdem er es aussprach, öffnete
sich der Eingang und wir konnten in eine kleine Vorhalle eintreten. Das
nächste Rätsel erwartete uns!
Von neun Kugeln ist
nur eine einzige leichter als die anderen. Zur Verfügung steht eine
Waage. Und mittels zweimaligen Wiegen soll man herausbekommen, welche
der Kugeln ein geringeres gewicht auf die Schale bringt...
Ich will den Rätselfreunden
unter den wehrten Lesern nicht das Vergnügen nehmen, sich dieser
Aufgabe anzunehmen. Es sei nur verraten, das wiederum der Schwarze Ritter
Khna Wa die richtige Antwort parat hatte.
Der Weg war jetzt
frei und wir begaben uns tiefer hinein in diesen recht sortiert wirkenden
unterirdischen Komplex. Links und rechts des Ganges, den wir durchschritten,
sahen wir Kammern, in denen die offenbar verschmorten Überreste anderer
Namensgeber lagen. Auch steigen die Temperaturen beträchtlich an
mit jedem Schritt, den wir taten. Tarn kam auf die vorzügliche Idee,
an dieser Stelle vorsorglich Feuermoos zum Schutze gegen Hitzeeinwirkungen
einzunehmen. Ich ergänzte die glorreichen Einfälle schon zuvor
mit dem ersten Einsatz meines neuen Gegenzauberstabes.
Von unserer Position aus konnten wir jetzt in eine größere
Halle blicken. Darin erkannten wir einen großen, auf den Boden gemalten
Beschwörungskreis. Was jetzt geschah könnte man Unachtsamkeit
in dunklen Kellern oder aber auch das gezielte Herauslocken möglichst
aller feindlich gesonnenen Wesen in der näheren Umgebung nennen.
Der dunkle Moriater Gulgauer, also genau gesagt: meine nicht gering zu
schätzende Erhabenheit, setzte einen Schritt in die Halle... Eine
unbemerkte Falle? Just in dem Moment flammte die berührte Bodenkachel
auf und kleine Flämmchen tanzten hinüber zu dem Pentagramm.
Dort erschien plötzlich ein Wesen, welches wir als mächtigen
Magma-Elementar identifizieren konnten. Klar war auch: Hier geht es um
Kopf und Kragen.
Ohne die Gelegenheit
zu verschlafen, setzte Tarn zum Angriff an. So völlig unvorbereitet
klatschte er dem Magma-Wesen seine Fäuste an den Leib ohne damit
jedoch für sonderlich viel Eindruck zu sorgen. Ganz im Gegenteil:
Der glühende Brocken setzte Tarn schwer zu. Auch der wild vorgetragene
Reiterangriff des Khna verpuffte. Der Schwarze Ritter musste dabei empfindliche
Wunden hinnehmen. Feuermoos und Gegenzauber ließen uns dann eine
Art Lavanova überstehen, die der Magma-Elementar in einem halbrunden
Bogen in alle Richtungen verschoss. Leider konnte ich diesen für
körperliche Angriffe offenbar recht widerständigen Knaben auch
nicht mit meinem Astral-Speer in ein Partyhäppchen verwandeln. Tarn
und Khna hatten aus ihrer ersten Attacke gelernt und beide warfen jetzt
zunächst einmal Kräuter und Tränke ein, die ihre Bemühungen
erfolgreicher gestalten helfen sollten. Die Sanduhr lief im sprichwörtlichen
Sinne, denn unübersehbar waren bereits die gehörigen Verletzungen,
die meine beiden Mitstreiter davongetragen hatten... Dann setzt Tarn an
zum entscheidenden Vorstoß. Er servierte dem Magma-Elementar eine
Schlagwirbelreihe, die es in sich hatte und das Wesen vergehen ließ.
Wir waren erneut siegreich und gestärkt aus einem Kampfe hervorgegangen.
Ein großes Lob an den Tarn auch für diese Handlungen.
Beim Durchstöbern
der unterirdischen Anlage fanden wir eine kleine Menge Gold, einen einzigen
Edelstein und zudem auch einige andere Gegenstände, von denen wir
uns erhoffen, das es sich hierbei um magische handelt
|