Chemlon, irgendwo
im Lande Norgroth des Jahres 704
19. August
Am Tage des Aufbruchs hat mir mein Bruder Val Kissar davon berichtet,
dass Geladion ihm im Traum erschienen sei. Er müsse bald wieder zu
seinen Studien zurück kehren, berichtete Val. Zu den Zwergen wolle
er uns jedoch noch begleiten. Nach unseren Berechnungen müssten wir
rund 30 Tage bis zu den Zwergen benötigen. Ein strapaziöser
Gebirgsmarsch steht uns bevor.
29. August
Am frühen Abend senkte sich die glutrote Sonne über dem Kreuzgebirge.
Ein Omen war dies, wie sich später herausstellen sollte. Der Dämonenprinz
Blutträne sollte uns an diesem Abend wieder begegnen. In einem mörderischen
Kampfe besiegten wir jedoch unseren Peiniger aus dem Astralraum. Nachdem
ich die Blutträne mit einem wohl platzierten Zauberspruch bereits
arg verletzte, setzte Kha`na Wa den Todesstoß. Unsere Blessuren
waren allerdings beträchtlich. Tarn mussten wir aus dem Reich der
Toten zurück holen und der arme Val blutete grausig aus seinen Augen
heraus. Wir beschlossen zur Genesung drei Tage Rast einzulegen.
2. September
Gestern hat uns Kha`na Wa am Lagerfeuer einen seltsamen Sinneswandel gestanden.
Val fragte ihn, warum er denn im Kampfe mit dem Dämon zwei Waffen
geführt hätte. Denn dies sei, so Val, ja besonders ungewöhnlich
für einen Paladin. Der Befragte antwortete, dass er sich nicht mehr
als einen Paladin sehe und er von der dunklen Gottheit Shuzuk erleuchtet
worden sei. Daraufhin fiel ich sofort vor ihm auf die Knie und pries den
Geläuterten vielfach. Endlich ein Mitstreiter, der sich der wohlfeilen
Sache von Shuzuk angenommen hatte.
Val erzählte
am Abend vom legendären Zwergenkönig Tarus Blutherz, der einst
Herrscher des Clans gewesen war, den wir zu besuchen trachteten. Dieser
sei jedoch in einer großen Schlacht vor den Toren der Stadt Loth
Fehir gefallen.
22. September
Heute hatte sich eine große Wolkenwand über dem Gebirgsmassiv
aufgebaut und wir entschlossen uns zu einer erneuten Rast. Lausig kalt
trotz des Hochsommers ist es auf diesen Höhen. Khna hatte am Morgen
die Wehranlage der Zwerge auf einer Bergkuppe entdeckt. Eine verbleibende
Reise von drei bis vier Tagen, so schätzen wir, müsste der Aufstieg
dauern.
25. September
Es ist viel passiert mit uns bei den Zwergen. Wir trafen sie. In der Tat
war das Treffen nicht sonderlich geprägt von freundschaftlichem Miteinander.
Ich will nun berichten, was sich in den tiefen Höhlen bei den Kleinwüchsigen
zugetragen hat...
Die sehr verfallene
und verwittert wirkende Befestigungsanlage ist vollkommen verwaist. Sogar
das halb eingefallene Tor steht offen. Val stellt per Beweisanalyse fest,
dass rund sechs Monate hier kein Lebewesen mehr gewesen ist. Ich schicke
meinen Geist Honschu los, damit er die Lage erkundet und auch nach versteckten
Fallen Ausschau hält. Und tatsächlich kommt er nach einer Weile
zurück und berichtet von einigen mechanischen Fallen in einem Keller
der Anlage, die er aber entschärfen konnte. Wir bewegen uns also
vorsichtig in dieses Gemäuer und sehen uns den Raum genauer an. Die
Fallen waren vor einer Tür angebracht, die sich leicht öffnen
lässt. Wir treten ein und steigen hinab in einen zweiten, tiefer
gelegenen Keller. Zu unserer Überraschung sehen wir dort drei Zwerge
an einem Tisch vor einem Steinportal sitzen. Offenbar halten sie bei Kerzenschein
Wache und vertreiben sich beim Kartenspiel die Zeit. Ich trete vor und
setze zu Grußworten an. Sichtlich überrascht sind die drei
kleinwüchsigen Kerle von unserem plötzlichen Erscheinen. "Ich
bin Gralif und wir sind die Hüter der Tore. Ich dürft hier nicht
eintreten", raunzt mir der Zwerg in schwer verständlichem Sothek
entgegen. Dann treten die drei uns waffenbestückt entgegen. Einer
von ihnen tritt gut hörbar auf einen versteckten Bodenmechanismus
und hinter uns schlägt die Kellertür ins Schloss. Sogleich können
wir viele Trippelschritte hören. Wir sind quasi gefangen und zwergische
Verstärkung naht.
Jetzt stellen wir
uns förmlich vor. Val lügt und behautet ein Händler zu
sein. Ich jedoch spreche als aufrechter Mann der magischen Künste
meine wahre Profession aus. Den Kleinwüchsigen gefällt dies
offenbar ganz und gar nicht. "Ihr seid mit einem Gottlosen unterwegs",
sagt Gralif und schneller als wir schauen können klappen an den Seiten
des Gewölbes sechs Nischen auf und sechs Armbrüste halten uns
in Schach. Nun denn...
Dann öffnet sich
das große Portal an der Stirnseite des Raumes. Man sagt uns, dass
wir nun Gefangene seien und wir geben bereitwillig unsere Waffen ab, da
wir unnötiges Blutvergießen vermeiden wollen. Auch werden uns
schwere metallene Fesseln angelegt. Ich denke so bei mir, dass unsere
Lage sich gerade nicht sonderlich gut entwickelt.
Wir werden durch das
Portal geführt auf eine Wendeltreppe. Nach einigen Stunden Marsch
über diese Treppen in die Tiefen des Berges hinein kommen wir zu
der unterirdischen Stadt der Zwerge. Dort werden wir sofort auf einem
Platz zu einer Gruppe von Kleinwüchsigen geführt. Einer dieser
Hampelmänner trägt eine Krone. Offenbar muss es sich hierbei
um den König der Winzlinge handeln. Am Rande des Platzes sehen wir
eine riesenhafte Schmiede und der Lärm verrät uns von der dortigen
Betriebsamkeit. Val sagt, dass dies die "Schmiede der Macht sein
müsse" von der er einmal hörte. Mit Astralsicht erkenne
ich, dass diese Schmiede ein extrem magischer Ort sein müsse.
Der Zwerg, der uns
hierhin geleitete, spricht völlig hündisch unterwürfig
einen Satz, der sich anhört wie "Kniet nieder vor unserem ehrwürdigen
König Troris Garrat". Der Popanz, der sich da als Herrscher
aufspielt blickt uns an. Angewidert spricht er: "Magie ist die Wurzel
allen Übels! Sie muss ausgerottet werden. Wie gut dass dieser Magieverwender
in Eisen gelegt ist!"
Dann murmelt der König
mit einem anderen Zwerg, der zu seinem Beraterstab gehört und erklärt,
dass zwei Personen unserer Gruppe gelogen haben als wir uns vorstellten.
Ich war sehr überrascht, denn letztendlich hatte ich gesagt, dass
ich ein Geisterbeschwörer bin. Nun gut, Val hatte gelogen als er
sagte, er sei ein Händler, aber wer hatte ansonsten noch die Unwahrheit
gesagt? Ich war ratlos. Val gestand ein, dass er auch Magie verwende.
Ab und an und im Prinzip sei er ja doch eher ein Handelsreisender... Glatt
gelogen, aber wenigstens ein wenig diplomatischer Versuch, dachte ich.
Dann ließ aber Khna die Katze aus dem Sach: "Ich bin ein Dunkler
Ritter!", sagte er. Wir waren allesamt überrascht. Jetzt erst
machte seine Geschiche von seiner neuen Gottheit Shuzuk und die Geschichte
vom Wegwerfen des gefundenen Prunkschildes Sinn. Ich lächelte, denn
mir gefiel diese Art wie er auf perfideste Weise auch seine Schicksalsgefährten
hinter das Licht geführt hatte.
Der Zwergenkönig
war von unseren Einlassungen allerdings weniger erbaut. Ohne viel Federlesens
ordnete er unseren Abtransport in ein Verlies an.
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