Chemlon, irgendwo
im Lande Norgroth des Jahres 704
24. Juni
Wir sind auf dem Weg nach Nyr`Tul`Quien, der Elfenstadt, die wir ohnehin
suchten. Denn der tot im Kreuzgebirge aufgefundene Windelfen-Scout war
ja mit einer Botschaft von eben dieser verborgenen Stadt der Elfen gen
Clan der magischen Verbindung unterwegs gewesen. Einer der von uns geretteten
Elfen stellte sich mit dem Namen "Advaint von den Quien" vor
und zeigte sich sichtlich bestürzt über die Nachricht von ihrem
gestorbenen Boten. Advaint berichtete uns, dass seine Gruppe aus der Gegend
von Nosgarsi komme und war dankbar, dass wir ihnen ihr Leben gerettet
hatten. Nosgarsi in den Mitlanden, so sagte er, sei vernichtet von den
üblen Scharen des Nordens und es stünden dort nur noch Ruinen.
Nicht zuletzt aus diesem Grunde schlossen wir uns den Elfen an, um gemeinsam
nach Nyr`Tul`Quien zu ziehen, welches nur noch rund sechs Tagesreisen
entfernt sein sollte.
30. Juni
Gestern sind wir angekommen in den prächtigen unterirdischen Hallen
der wahrlich beeindruckenden Stadt, die Zeugnis von der Hochkultur der
Elfen abzulegen fähig ist. Als wir durch das mächtig wirkende
Portal, mit vielen Runen kunstvoll verziert, schritten, legte sich ein
Lichtschimmer auf uns und mir wurde klar, dass der Ort von großen
Zaubern beschützt wird. Advaint bescheinigte uns, dass beim Durchschreiten
ein Test unserer Gesinnung erfolgt war und mit uns alles in Ordnung sei,
ganz so wie er es hatte erwartet. Nun, dachte ich mir, sicher stimmt bei
mir alles im Oberstübchen, doch warum... Aber das ist ein anderer
Gedanke.
Die unterirdische
Stadt selbst war ein schillerndes Juwel. Rund um einen kleinen See angelegt,
in dessen Mitte ein alles überragender Baum auf einer Insel thronte.
Die Gebäude waren zweifelsohne nicht alle bewohnt und ich bekam ein
Ahnung vom Wüten des Schnitters in den langen und gefährlichen
Jahren seit dem Vordringen des Bösen in der Welt Chemlons.
Advaint führte
uns zu den verantwortlichen Elfen von Nyr`Tul`Quien, die uns am Rande
des beschriebenen Sees empfingen. Er sprach mit zwei älteren Personen,
die dort bereits warteten, zunächst in einer mir nicht geläufigen
Sprache. Dann stellten diese sich uns vor. Es handelte sich um den Barden
Malchion, dem Stellvertreter des Clanoberhauptes Edarion, und Cerridwen.
Sie bedankten sich bei uns für die Rettung ihrer Krieger und wir
berichteten vom Finden des Windscouts mit der Nachricht für den Clan
der magischen Verbindung. Malchion sagte, dass er Edarion vertrete, der
in die "letzte freien Stadt des Südens" gereist sei. Auf
Nachfrage erfuhren wir, dass diese Stadt namens Aynua wohl tatsächlich
eine der letzten großen Ansieglungen freier Völker sein müsse,
die noch nicht von Schreckenscharen überrannt wurde.
Schnell kamen wir
überein, dass unsere Hilfe gut gelegen käme, um dem Rätsel
des verlorenen Kontaktes zum Zwergenvolk auf den Grund zu gehen. Malchion
berichtete, dass Edarion einst die Freundschaft mit dem Zwergenkönig
Tarus Blutherz geschlossen hatte. Tarus war aber in der Zwischenzeit verstorben.
Nach Melchions Angaben hätten vor nicht sehr langer Zeit die Zwerge
nun den unterirdischen Tunnel zwischen ihrem Königreich und Nyr`Tul`Quien
zum Einsturz gebracht. Nachzuforschen sei nun der Hintergrund der ungewöhnlichen
wie überraschenden und unerklärten Tat.
Zunächst wollten
wir jedoch diese Kunde zum Clan der magischen Verbindung tragen. Ich schlug
vor, dass zur Beschleunigung des Unterfangens mein Zauberspruch vom "Baumtor"
eingesetzt werden könnte. Und so wurde mir die Erlaubnis erteilt,
mit dem magischen Baum in der Mitte der kleinen Insel zu "sprechen".
Das Gespräch mit dem Gehölz namens Gwen Gildrun, der auch Lichtbringer
genannt wurde, verlief jedoch überaus enttäuschend. Zwar nahm
ich Kontakt auf und schwatzte mit ihm, doch eine Erlaubnis zur Anwendung
des Baumtores erreichte ich leider nicht. Das sture Modergeäst, bestimmt
befallen vom Holzwurm, weigerte sich schlicht. Also stand uns ein langer
Landweg bevor und dabei würden wir wieder den westlichen Arm des
Kreuzgebirges zu überqueren haben.
Meine Nachforschungen
betreff meines Ziehvaters Tal`Sea waren erfolgreicher: Ich erfuhr, dass
er der letzte bekannte Besitzer der Maske der Sonne gewesen ist und wohl
zuletzt "auf der Suche nach den Dreien" unterwegs war. Diese
Information war zwar noch recht kryptisch, doch Malchion versprach, den
Barden Edarion weitergehend nach Tal`Sea zu befragen.
Juli, der Erste
Wollen keine Zeit verlieren und brechen auf.
5. Juli
Der Paladin hat zu unserer großen Überraschung sein Prunkschild
fortgeworfen. Als er von einem nächtlichen Ausflug zurück zu
unserem Nachtlager kam, hatte er es nicht mehr bei sich. Ich bin sehr
verwundert, denn der Einfältige hatte es ja für ein besonders
wertvolles magisches Ding gehalten. Khna will aber partout keine weiteren
Auskünfte geben und gibt sich zum Ausgleich eher wortkarg. Auch nicht
schlecht, so denke ich mir.
18. August
Sind nach ansonsten ereignisloser, jedoch ermattender Überquerung
des Gebirges beim Clan angekommen und wurden wieder freundlich begrüßt.
Unsere Kunde wurde interessiert aufgenommen und man freute sich, dass
wir zu den Zwergen zu gehen beabsichtigten, um das Rätsel des abgebrochenen
Kontaktes zu lösen. Offenbar war Eile geboten und wir beschlossen,
nur eine Nacht zu verweilen und bereits am nächsten Tage aufzubrechen.
Kurz besuchte ich nur den zwergischen Sanana Wassvana, Geisterbeschwörer
und Mitglied des Clan-Ältestenrates, um mich zu vergewissern, dass
er immer noch der alte, grimmige Widerling war, wie ich ihn schon vom
letzten Besuch her kannte. Das Rauhbein weigerte sich, mir weitere Hilfen
mit auf den Weg zu geben und lachte mich an. Dabei sah ich auf seinen
verfaulten Zahnstumpen seltsame Runen prangen. Offensichtlich was magisches,
dachte ich mir begeistert und muss dazu demnächst mal Wissen einholen.
In der Bibliothek des Clan besorgte ich mir später eine kleine Sprachfibel
für Zwergisch, die ich schnell auswendig lernen wollte. "Vom
Umgang und der Sprache mit dem zwergischen Volk" lautet der vielversprechende
Titel. Ihre Sprache heisst "Sothek".
|