Chemlon, irgendwo
im Lande Norgroth des Jahres 704
28. Mai
Ich habe die Ereignisse des Tages noch einmal Revue passieren lassen und
dachte mir bei meinem Grübeln über das Wissen, welches ich über
die Dämonen an sich so besitze, dass die Blutträne ganz gewiss
ein Prinz war. In deren unheilvoller Hierarchie des Bösen gibt es
sechs Hochkönige und sechs Könige die unter diesen rangieren.
Die Prinzen sind in der nächsten Etage der Befehlskette. Nach unseren
bisherigen Erfahrungen schickte die Brut uns immer einen noch mächtigeren
Gegner, wenn wir erst einmal mit einem fertig geworden waren. Bei diesem
Gedanken könnte man ja fast froh sein, dass Blutträne flüchtete
und nicht vernichtet wurde...
3. Juni
Nachdem mein geschundener Körper einigermaßen erholt scheint,
stand heute morgen einer Fortsetzung der Reise nichts mehr im Weg. Die
Wolken sind verhangen und es nieselt ab und an. Zur linken Hand sehen
wir, dass das Kreuzgebirge ausläuft und dessen gewaltige Bergkämme
zunehmend flacher werden.
Zu meiner besonderen
Freude sahen wir am frühen Nachmittag einen die Wolkendecke durchbrechenden
Sonnenstrahl in einiger Entfernung. Wir hielten es für ein Zeichen
des Glücks und näherten und der Stelle, wo das Licht den Boden
getroffen haben musste. Tarn erspähte dort ein kleines Tier, welches
irgendwas in eine Art unterirdischen Bau zerren wollte. Als wir uns näherten
und den Ort genau besahen, fanden wir seltsam aussehende Beeren an einem
kleinen Ast. Wir hatten Ähnliches zuvor erlebt und aßen sie
augenblicklich, da wir uns der göttlichen Schenkung gewahr zu sein
glaubten.
12. Juni
Heute kamen wir zu einer Stätte, an der vor nicht allzu langer Zeit
ein Gemetzel zwischen Elfen und Orks stattgefunden haben musste. Leicht
verweste Leichen lagen dort herum und zeugten von dem Kampfgetümmel.
Tarn untersuchte den Platz genauestens und erklärte sodann, dass
es rund 20 Elfen und etwa 30 Orks gewesen seien, die sich hier gegenseitig
zu töten trachteten. Die Elfen seien aber wohl unterlegen gewesen
und hätten die Flucht gen Norden angetreten. Um die Szenerie noch
besser einschätzen zu können, suchte ich mir einen Elfen aus,
dessen Wunden nicht sehr groß waren. Mit dem Zauber, der mich die
letzten Augenblicke vor dem Tod eines Wesens nachempfinden lässt,
erfuhr ich dann, dass die Elfen eine Art Beutel mysteriösesten Inhaltes
bei sich hatten. Nicht nur meine Neugier, nein, auch die frommen Charaktere
meiner Begleiter ließen uns sodann die Fährte der geflüchteten
Elfen aufnehmen. Meine Gefährten dachten an Hilfeleistung und ich
an Belohnungen... Bevor wir den Ort verließen fand Kha`na Wa bei
einem toten Ork ein Schild und nahm es an sich. Der Kerl freute sich sehr,
denn er glaubte einen Gegenstand von bedeutsamer magischer Struktur gefunden
zu haben. Welch ein Narr er ist, sich so kindisch aufzuspielen, dachte
ich mir. Er hingegen konnte es gar nicht abwarten, den ersten Faden zum
Schild zu weben.
18. Juni
Wir hetzen seit einigen Tagen nun schon auf der Spur von Orks und Elfen.
Wir haben kaum noch Hoffnung sie einzuholen, da sie sehr schnell unterwegs
sind.
23. Juni
Tarn hörte eine dunklen klingenden, weit entfernten Schrei. Uns war
sofort klar: Ein Schlachtengetümmel nicht weit ab von unserer Position.
Ohne viel zu debattieren stürzten wir uns in den Kampf und taten
recht so. 30 Orks, darunter auch Fernkämpfer, allesamt mit dem Wappen
von Waan versehen, drangsalierten dort vor uns eine arg dezimierte Schar
von nur noch sechs lebendigen Elfen. Der Paladin Kha`na Wa und der Mönsch
Tarn hasteten augenblicklich in das Getümmel, ich hielt mich etwa
in 50 Meter Entfernung zurück, um von dort üble Zauber gegen
die Schergen Waans loszulassen. Operation gelungen - Patient tot, hätte
das Ergebnis unseres Eingriffs sein können, denn alle Elfen waren
tot als wir die Orks gemetzelt hatten. Also besah ich mir die hoffnungsvollsten
Fälle unter den Opfern und verabreichte ihnen lebensspendende Kräuter.
Sechs von ihnen schlugen sodann ihre Äuglein wieder auf. Wenn man
mich fragt, so war dies eine für meine Verhältnisse etwas zu
gute Tat von mir und mich überkam ein Gefühl von Scham. Diese
Rettung ist mir peinlich. Um an Informationen zu gelangen und ihnen den
Beutel abzunehmen... nun, welch eine Verschendung, welche ich da tatkräftig
unterstützte. Mir möge der Himmel auf den Kopf fallen.
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