Chemlon, irgendwo im Lande Norgroth des Jahres 703

2. Juli
Wir gingen an diesem Tag gemächlicher als sonst und erfreuten uns noch der gerade durchlebten Begebenheiten. Geld` a` moo, der Mondwächter beim Clan der Oger, sollte von unseren Taten zu hören bekommen und ringsherum des Weges wurde es bereits hügeliger. Als wir dann eine kleinere Anhöhe umlaufen hatten, sahen wir in kurzer Entfernung ein Wesen auf einem großen Prügel gestützt stehen. Im ersten Moment dachte ich bei unserem Gegenüber an einen großen, alten Halbtroll, doch mein Gefühl sagte mir, dass etwas an dem Anblick nicht stimmen könne. Eine Probe in Dämonenkunde bestätigte mir den Verdacht, dass es sich hierbei um einen prominenten Niederweltler handelte. Ich dachte mir, dass dies - meinen Erkenntnissen folgend - der Dämonenfürst Molkott sei, der uns hier auflauerte. Schon hörte ich eine Stimme in meinem Kopf fordernd und eiskalt sagen "Gib mir das Buch!" Meine Antwort, dass ich so gar nicht wisse, wovon der Herr nur spreche, wurde mit der unverhohlenen Drohung, dass ich dann halt sterben müsse, beantwortet. Seine Attacke mittels eines Razor Orbs war so heftig, dass es mich von den Beinen holte und in die Nähe der Bewusstlosigkeit brachte. Thal, der seinen Bogen namens Shian`Dor, den Dämonenfeind, schon erheben wollte, zuckte zusammen und machte einen gehörig verwirrten, fast schon schwachsinnigen Eindruck, als hätte ihn ein Zauber des Dunkelblüters getroffen. Gerade als ich mich aufgerafft hatte und meine magischen Kräfte einsetzen wollte, sprach der Dämon zu mir einen "Halt!"-Befehl und schon spürte ich ein meinen Körper durchfahrendes, seltsames Gefühl und erstarrte regungslos auf der Stelle. Kha`na Wa setzte darauf zum Sturmangriff an und fluchte plötzlich laut wie ein Bierkutscher. Sein Ritt, der an Molkott vorbeiführte ohne dass der Hüne den Dämonen getroffen hätte, zeigte mir, dass der gute Freund wohl mittels eines Zaubers erblindet war. Val, mein kleines Brüderchen, sandte wenigstens einen Magieangriff ins Ziel bevor der Dämon ihn mit einem Schlag tötete. Kha`na, der weiter hilflos und vollblind durch die Weite irrte, rief seinen Gott Gonnth an und versprach bei Unterstützung in seiner Not an diesem Platze einen Schrein zu errichten. Was mich aber nicht verwunderte, war die Tatsache, dass dieser ernsthaft völlig überschätzte und zudem langweilige Gut-Gott keinen müden Finger für seinen Gläubigen rührte. Die Situation unserer Gruppe war desolat: Einer blind, einer schwachsinnig, einer tot und ich erstarrt. So sah ich mein Ende nahen, sah wie der Dämon langsam und siegesgewiss auf mich zuschritt. Mein Ende vor Augen, meine elendig nutzlosen Gefährten im Blick, konnte ich nicht einmal bei meiner dunklen Göttin Shuzuk um mein Leben winseln. Im letzten Moment, just bevor ich die Besinnung verlor, sah ich im Rücken des Dämonen direkt aus der Sonne einen Schatten auftauchen und hörte einen dumpfen Schlag. Dann verlor ich die Besinnung.

Als ich wieder zu mir kam, blickte ich in ein mir unbekanntes Gesicht. Ein rund zwei Meter großer Mann mit schwarzen Augen, einer Glatze und einem flächendeckend tattoowierten Oberkörper stand vor mir und lächelte mich freundlich an. Auch glaubte ich an seinen Schläfen eine besondere Hautbemalung zu erkennen, die mir irgendwie vertraut vorkam und Ähnlichkeit mit einem Panther hatte. Und noch bemerkenswerter war das Amulett, welches er am Halse trug. Es erinnerte mich sehr an die göttlichen Gaben, die uns einst anvertraut wurden. Es glich unseren göttlichen Gaben doch sehr verblüffend. Keine Frage, vor mir stand ein gutes Wesen, welches den Dämon vertrieben hatte und auf der richtigen Seite im Spiel der Erhabenen stand. Meine Starre hatte sich gelöst und nun begann ich ohne viele Plaudereien, die Gefährten ärztlich zu versorgen. Der Fremde half mir dabei und stellte sich mit seinem Namen vor. Tarn heiße er, so hörte ich und "die Wege des Perilin" seien unergründlich. Perilin, so wusste ich, war ein Gott des Heiligen Konvents. Offensichtlich hatte ich es mit einem gläubigen Mönch zu tun. Meine sofort einsetzende Skepsis zerstreute sich als Tarn eine Phiole aus der Tasche kramte und von der darin enthaltenen Flüssigkeit Kha`na Wa und Thal zu trinken gab. Deren Blindheit und Verstandslosigkeit wichen sofort von ihnen. Sogar Val erweckten wir ein weiteres Mal von den Toten, in dem wir ihm einen wundersamen Pilz verabreichten.

Als wir dann alle beisammen saßen, stellte sich Tarn meinen Freunden vor und berichtete von seinem Lebensweg und wie es ihn in diese Gegend zu unserer Rettung verschlug. Auch er sei wie wir vor langer Zeit aus der Sklaverei entronnen und nach langem Irren und vielen Wirren hatte er in einem Kloster Zuflucht gefunden, welches in zehntägiger Entfernung an der Pforte von Deladrien gelegen ist. Vor einigen Tagen nun hatten dann seltsame Träume begonnen, ihn in den Nächten unruhig schlafen zu lassen. In den Traumvisionen habe er eine Art Schachbrett sehen können, auf dem weiße und Schwarze Figuren sich gegenüber aufgestellt waren. Dann, in der entscheidenden Nacht, habe sich eine der schwarzen Figuren im Traume plötzlich bewegt. Aufgewacht sei er jedoch erst durch seinen Lehrmeister namens Ruven, der ohne den Grund zu wissen, in gleicher Nacht ein Amulett geschnitzt hatte und ihm mit der seltsamen Phiole übergab. Als Tarn aus dem Schlaf schreckte, da waren zudem an seinen Schläfen diese Panther-Tattoos zu sehen gewesen. Er habe keine Ahnung, wie dies passiert sein könne, beteuerte uns Tarn.

Wir berieten uns kurz und kamen zu dem Schluss, dass Tarn in den nächtlichen Visionen gesehen hatte, wie die "andere Seite" beim Gedh Mekah, dem Spiel der Erhabenen, einen Zug gemacht hatte, um sich das Buch "Die Begehung des Jenseits" anzueignen. Unsere Vermutung war, dass der dämonische Fürst Molkott eine Figur auf dem Brett war und bewegt wurde. Tarns Eingreifen hingegen, so glaubten wir, könnte dann der erwiderte Zug unserer Seite gewesen sein...

Jetzt ist es Abend geworden und wir sitzen plaudernd an einem Lagerfeuer. Tarn erzählt weitere Details seines Lebens und wir berichten von unseren Reisen und den Gefahren, die uns begegnet waren. Ich habe Zeit diese Zeilen zu schreiben und auf den Tag zurückzublicken. Mein Gefühl sagt mir aber, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Ich überlege... Ich sollte einmal eine Astralsicht probieren...

3. Juli
Gestern war ich zu erschrocken, um weitere Eintragungen zu verfassen. Ich hatte entdeckt, dass Molkott uns mit einem Dämonenmal versehen hatte. Zumindest hatte er Kha`na, Thal und mich damit gekennzeichnet. Erst versuchte ich noch mein frisches Wissen für mich zu behalten, doch leider war mein Entsetzen mir wohl zu sehr in meinem Gesicht abzulesen, so dass mir zahlreiche Fragen gestellt wurden. Letztlich bekamen die Schnüffler es heraus. Heftig debattierten wir, was nun zu tun sei. Unserem Wissen nach wäre nur ein Geisterbeschwörer des dreizehnten Kreises in der Lage mit dem entsprechenden Zauber das Mal von uns zu nehmen. Uns fiel natürlich Mingol ein, zu dem wir gehen könnten. Aber dies wäre eine Reise von rund 60 Tagen und wir zauderten angesichts dieser Entfernung. Tarn sagte ein völlig überflüssiges "Ich bete für eure Seelen" und ich muss zugeben, dass mich der Gebetsmurmler schon ein wenig nervt. Letztlich kamen wir überein, dass man zunächst zurück ins Gebirge müsse, um dem Mondwächter Geld` a` moo von der Geschichte mit dem Drachen zu berichten. Und außerdem sei es sicher weise, wenn Tarn sich bei ihm einmal blicken lasse. Nun gut, uns stehen also 8-10 Tagesreisen bevor. Jederzeit mit der Gefahr im Nacken, dass der Dämon Molkott uns gar plötzlich auflauert...

12. Juli
Wir warten jetzt hier in einiger Entfernung von dem Eingang zum Höhlensystem der Oger. Tarn und Val, die beiden aus der Gruppe, die kein Mal vom Dämon bekamen, hatten sich aufgemacht um mit dem Mondwächter zu sprechen. Die Gemarkten wollten lieber warten, denn wie wir wussten, sind die von Dämonen gekennzeichneten Wesen nur hochgradig ungern gesehen und werden gerne aus Gründen der Vorsicht lieber sofort umgebracht. Frei nach dem Motto, dass sicher ganz sicher auch sicherer ist. Als die Beiden dann später zurück kamen zu uns, sagten sie uns, dass Geld` a` moo uns riet, zu Mingol zu gehen, um das Mal los zu werden. Er sei sehr begeistert von der Geburt des Drachen gewesen, so sagte Val. Die Worte des Mondwächters frei nach der Wiedegabe durch meinen kleinen Bruder Val: "Necron - der Name sagt mir etwas... es ist als habe der junge Drachen eine Altersstufe im Schlafe durchlebt..." Nach Vals Bericht vom Treffen mit Geld` a` moo ist zudem der Dämon Molkott nur ein niederer Fürst der Niederwelten, aber dafür ein sehr kompetenter Magieverwender. Der Mondwächter hatte uns eine gute Reise gewünscht, erklärte uns Val. Nun denn, wir wollten uns dann auch ohne Umwege nach Imreth Daar auf den Weg machen.