Chemlon, irgendwo im Lande Norgroth des Jahres 703

30. Juni
Ein schöner Morgen. Wir lecken unsere Wunden. Ich muss der Welt ein Zeugnis davon ablegen, dass ich ein großer Heiler bin. Irgendetwas läuft hier grundverkehrt! Ich sollte Skelette aus dem Totenreich ein Ballett aufführen lassen können! Aber nein, die klaffende Wunde des Hünen habe ich einfach so, einfach so geschlossen. Das mich dieser Umstand verärgert sollte klar sein, doch andere Geschehnisse des heutigen Tages hatten auch meine Aufmerksamkeit verdient. Vor dem Frühstück fand ich keine Zeit, meines Bruders Wunde auch zu kitten. Jetzt werde ich mir den Kratzer mal anschauen.

30. Juni
Später Nachmittag. Unglaublich - wir mussten wieder Dämonen in die Schranken verweisen. Wollten uns gerade an die Bergungsarbeit machen als die Luft einmal mehr zu flimmern begann. Dabei war dieser Tag schon ganz anders verplant gewesen! Wir glauben nun, dass der See ob seiner speziellen magischen Aura eine Rolle spielen könnte dabei.

Val levitierte uns umgehend in eine niedrige Höhe, da traten die Gestalten direkt aus dem Astralraum auch schon in die gegenwärtige Welt. Val rief laut, dass eines der drei dämonischen Wesen im Volksmund "Sirene" genannt werde. Die anderen beiden dunklen Gesellen waren wiederum die uns schon bekannten Dämonen der Schwerter, die auch sogleich auf unseren Kha`na Wa einschlugen. Nachdem der Thal von der Sirene aus der Luft gepflückt wird traf der tödliche Zauberschlag meinen Lieblingsbruder, sein Zauber gab nach und auch ich stürzte ab. Dort auf dem harten Boden schwer lädiert, nehme ich zwei Kräuter gleichzeitig zu mir, spüre dann aber deren Unverträglichkeit in Form eines schier explodierenden Magens. Ich warne künftige Generationen eindringlichst vor der Einnahme von Feenfrüchten in Kombination mit Löffelstiel. Muss zu dieser Notiz einmal ein Kräuterkunde-Buch verfassen...

Dem Dämonentöter Thal verdanken wir eine zeitige Entscheidung in diesem Kampf. Thal hatte sich berappelt, war auf Distanz gesprintet und erledigte die große Sirenen-Dämonin mit zwei platzierten Volltreffern. Nachdem das zaubernde Biest aus des Feindes Reihen getilgt war, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis wir die Sache mit den minderen Dämonen in den Griff bekamen. Da der Treffer-Sauger alle Schläge auf sich zog, hatten die Anderen Zeit, um ihre Attacken gut zu setzen. Es war allerdings wiederum der gute Thal, der den beiden Dämonen der Schwerter den Todesstoss versetzte. Später erzähle er uns, dass sich daraufhin sein Bogen erneut seltsam warm anfühlte. Er sagt, dass sich die magische Struktur des Bogens weiter verstärkt hätte. Das jedenfalls war seine Annahme. Val und ich sind ebenfalls dieser Meinung. Der Hüne brummt nur... Nun gut, nach dieser Begegnung pausierten wir, Erholung und die Heilung meines schwächlichen Bruders stand auf dem Zettel.


31. Juni
Nachmittag. Alle Versuche, die Wunde von Val zu schließen, waren vergebens. Nun wird er mit den Blessuren ins Wasser müssen, dachte ich mir schadenfroh. Val tauchte morgens zusammen mit Thal in eine Tiefe des Sees, von der aus ein riesenhaftes EI! in die Höhe zu levitieren war. Val nahm zuvor einen Kiementrank und eine Portion Frostmoos zu sich. Ein beeindruckendes Schauspiel wie dann dieses runde Ding über der Wasseroberfläche schwebte. Brüderchen machte es sich am Rande des Sees bequem und hielt das Ei dort in der Luft. Habe während der Bergungsarbeiten Schwimmen gelernt! Sogar Val kann sich nun über dem Wasser halten. Sieht aber eher aus wie Hundepaddeln.

In der Nacht... Stunden später. Haben ein Wunder erlebt und sind nachhaltig beeindruckt. Wir haben die Geburt eines Drachen erleben dürfen. In dem Ei steckte ein kleiner Drache! Nach einigen Stunden in der Schwebe platzte das Ei von Innen heraus auf, der kleine Drache sprengte die ihn beengende Hülle. Von einem seltsamen Knacken und Knistern waren wir aufgeschreckt worden. So erlebten wir das Schauspiel in all seiner Pracht. Dann hörten wir das Flügelschlagen und es erhob sich ein anmutiges Wesen mit einer Spannweite von rund zehn Metern zum Flug. Seine beachtliche königsgoldene Färbung von Schuppen und Panzerung lies mich in Erfurcht erstarren. Dann probte der Drache sein Feuer aus und wie dann die Oberfläche des Sees zu brennen schien, werde ich einen Lebtag nicht vergessen. Wirkliche Angst hatten wir vor dem Wesen nicht, dass sich dort entfaltete, denn immerhin, so sind wir überzeugt, schickte uns ja der Mondwächter hierher in einem Wettlauf gegen das Böse. Und so geschah es auch, dass sich der Drache zu unserer Stelle am Ufer zugbewegte und sichtlich angenehm von uns berührt oder gar dankbar sogar in unmittelbarer Nähe niederließ. Ich wollte ihn noch ansprechen, aber da war er schon in einen mysteriösen Schlaf verfallen.

Nach kurzem Ratschlag beschlossen wir ein Durchwachen der Nacht, um den Moment abzupassen, in dem der Drache wieder eine Regung zeigen möge. So gegen Mitternacht dann flimmerte es in der Luft. Uns schwante schon Unheilvolles und tatsächlich waren es wieder Dämonen, die uns da heimleuchten wollten. Mein depperter Bruder aber - ich hatte ihn davor gewarnt, ich hatte es ihm eindringlich gepredigt! - nahm diesen gefährlichen Kräutermix zu sich, mit dem ich zuvor meine leidlichen Erfahrungen machen musste. Und? Tja, er kippte auf der Stelle vorn über und war mal wieder mausereglos. Die Anzahl der dort sich versammelnden Dämonen erschreckte mich. Drei Dämonen der Schwerter und zwei große Brocken der Sirenen-Art erschienen da vor uns. Aber auch der Drache hatte die Veränderungen im Astralraum bemerkt. Für uns sehr überraschend sprach er so etwas wie "Niederweltler-Abschaum" auf dämonisch in die richtige Richtung, in die er auch augenblicklich seinen Odem sprühte. Die Feuersbrunst aus seinem Maul traf zwei Schwertträgermonstren, die grausig aufschrien. Die übrigen Niederweltler griffen den Drachen dann sofort an und zwei der Razor-Orb-Zauber treffen ihn sogar. Kha`nas Sturmangriff zielt auf eine Enthauptung einer der beiden Sirenen ab und ist sogar erfolgreich. Der Drache zerlegte in der Folge einen weiteren Dämonen der Schwerter mit Krallenschlagen und wird nochmals böse von einem grünen Magieball getroffen. Kha`na ist ja bekannt für seine Tierliebe und das mag ihm wohl so sehr in Rage gebracht haben, dass er kurzerhand mit Schwung auch die zweite Sirene enthauptete. Als er dann per Schadensverteilung dem Drachen Hilfe gibt, sagt der dann erstaunlicherweise auf reinstem Chemino ein freundliches Danke.
Wir waren sehr überrascht. Überrascht von den Dämonen und überrascht von der Sprachfähigkeit dieses jungen Drachen. Während das dort seinen guten Gang ging, kümmerte ich mich um mein Brüderchen, der sich als Kräutergartenopfer besinnungslos auf der Erde verteilt hatte. Der ist sogar tot, dachte ich und legte ihm extrem seltene Wiederbelebungspilze in den Mund. Der Drache hatte noch weitere Überraschungen für uns und sagte, dass er im Schlafe schneller wachse und viel lerne und Erinnerungen sich einstellten. Das konnten wir zwar nicht gut begreifen, doch verabredeten wir mit ihm, dass wir über seinen Schlaf wachen werden. Am nächsten Tage, so sagte er, würden wir mehr erfahren können.

1.Juli
Nach langem Schlaf, das Zwielicht des Tages leuchtete schon die Ödnis der Nordlande, machte ich meine bleiernen Augen auf und konnte nicht glauben, was ich dann sah. Der Drache war über Nacht auf die doppelte Größe angewachsen. Meine Begleiter waren auch soeben aus den Träumen erwacht und blickten das mächtig neben uns thronende Wesen verwirrt an. "Ich weiß nun mehr aus der Vergangenheit", sprach der Drache. Auch schulde er uns viel für die wohlfeilen Taten, die wir ihm zum Wohle verrichtet hatten. "Necron", so sagte er, sei ein Name an den er sich nun erinnern könne. Ob dies allerdings sein Name sei, vermöge er noch nicht zu berichten. "Ich denke, dass ich noch viel zu tun habe in diesen Welten und deshalb werde ich euch nun verlassen müssen", sprach unser neuer Freund zu uns. Dann berührte er jeden Einzelnen von uns sehr behutsam mit einer Drachenkralle und ich verspürte bei diesem Kontakt, dass eine Welle von wohliger Magie meinen Körper durchflutete. Wie sich später beim Experimentieren mit meinen magischen Künsten herausstellte, so war tatsächlich eine enorme Wandlung in mir vorgegangen. Meine Wolfsnatur, meine lykanthropische Fähigkeit, mich in einen Wolf zu verwandeln oder etwa einen Geisterwolf zu beschwören hatte eine gewichtige Verstärkung erfahren. Und überaus überrascht war ich, als mich der holde Geisterwolf, den ich nach der Berührung erstmals herbeirief, sich mit seinem Namen Mephistos vorstellte und mir eröffnete, dass er künftig meine magischen Bemühungen tatkräftig unterstützen könne. Ich bin nun einen weiteren Schritt gegangen, der mich in der ewigen Ruhmeshalle der Geisterbeschwörer eingehen lassen wird.