Chemlon, irgendwo im Lande Norgroth des Jahres 703

1. Juni
Wir haben zusammen mit den Ogern den Weg in das Gebirge angetreten. Die Gebrüder Tod, Val und ich, wir reiten auf einem dieser nach Schwein muffelnden Viecher, die Kha`na Wa uns einfing. Heute haben wir es "Stinktier" getauft. Und es hört sogar schon auf seinen neuen Namen. Habe es gerade "Stinktier" gerufen und es ließ eine furchtbare Blähung sehr laut werden. Der Oger, der hinter uns ging, sogar der hat ordentlich seine Nase zugehalten.

2. Juni
Am Ende dieses aufreibenden Tages muss ich eingestehen, dass wir ohne die Hilfe der Oger wohl den Bach runtergegangen wären. Die großen Oger sind zwar geistig minderbemittelt, aber geben letztlich eine gute Art von Draufschlagmasse her. Denn plötzlich wurden wir bei dem Aufstieg in das Gebirge, wir schritten den rund drei Meter breiten Pfad entlang, von einem Norgroth-Hügelriesen angefallen. Und die Oger steckten so derart viele tödliche Schläge und Hiebe ein, dass wir letztlich ausreichend Zeit hatten, den Riesen zu erledigen. Ich will dabei nicht verschweigen, dass es meine Wenigkeit gewesen war, die mit dem Verdorren-Zauber den Kopf des Wesens schrumpfen und schrumpeln ließ. Eine kurze Chronik des Kampfes will ich niederschreiben, damit die nach mir kommenden Leser wissen mögen, dass ein Einlassen mit einem Riesen besser nur vorgenommen wird, wenn ein edler Geisterbeschwörer in den eigenen Reihen steht. Wie gesagt, wir bewegten uns auf dem schmalen Weg empor als Val einen lauten Alarmruf schrie: "Achtung!" Schon polterte eine kleine Felsenlawine auf uns hernieder. Kha und die Oger erwischte es, Thal, Val und meine Großartigkeit schmiegten uns enger an die steile Wand zur rechten Seite des Pfades und wichen den Brocken aus. Dann war auch schon der große Schatten des Riesen über uns, der sogleich den ersten Oger umhaute. Sein wütendes Stampfen mit einem Bein auf den Boden ließ die Erde erzittern, so dass wir uns allesamt auf den Hosenboden setzen mussten. Thal schießt einen seiner gefürchteten Pfeile mit seinem Dämonenbogen ab und trifft. Doch der Riese zeigt sich wenig beeindruckt. Mit dem zweiten Schlag tötet er den nächsten Oger, der dabei einige Meter durch die Luft gewirbelt wird. Damn Shit! - denke ich mir so und erfreue mich darüber, dass der Bruder seinen Levitieren-Zauber spricht und uns inklusive dem Tyn`Fehir in rund 100 Meter luftige Höhe bringt. Aber was muss ich da sehen: Ich falle vom Glauben ab - der Kha fällt vom Rennschwein! Val, Thal und ich nehmen derweil mit durchwachsenem Erfolg den großen Kerl da unten unter Pfeil- und Zauberfeuer. Nachdem wir uns so die Aufmerksamkeit des Riesen gesichert hatten, greift der zu einem Felsen, schaut zu uns nach Oben und schleudert den Stein treffsicher mit unglaublicher Wucht direkt in das Ziel namens Thal Rhasank, der wie ein getroffener Kegel umgeworfen wird und in die Tiefe abstürzt. Meine Erfahrungen in der Kombination Todesvision und Windelf-Scout lassen mich augenblicklich erahnen, dass unser Freund seinem Tod entgegenfällt. Val weiß das auch und versucht ihn levitierend zu retten, doch scheitert. Dumm gelaufen, denke ich beim ersten Bodenkontakt von Thal. Der Hüne Kha spielt Reiterspielchen und wird letztlich durch einen brutalen Schlag umgeworfen und landet beim Rückwärtsflug blutend in den Armen des Ogeranführers, der ihn auffängt. Ein anderer Oger läuft sichtlich besorgt zum Thal und versorgt ihn, kommt dabei aber in die Nähe des Riesen und wird vom nächsten Hieb geplättet. Die Gebrüder Tod versuchen dann einmal mehr zu zaubern , müssen aber feststellen, dass sie kein Fortune haben. Im Gegensatz zu Val bringe ich dann aber doch noch einen schönen Verdorren-Zauber auf den Weg und schrumpel dem Riesen den Kopf in ein angemessenes Format. Das Hinschlagen des Riesen macht Lärm und lässt das Gestein erzittern. Geschafft! Er ist tot. Leider ist das auch der gute Thal... Deshalb muss ich wieder einmal mehr eine wiederbelebende Pilzration verwenden. Ach, so passen sie doch besser auf sich auf, meine Freunde. Kha schlägt mir den geschrumpften Kopf des Hügelriesen ab, damit ich ihn mit mir nehmen kann. Das finde ich sehr nett von ihm. Der Ogeranführer ist etwas sehr traurig, da sich herausstellt, dass alle seine Kameraden tot sind. Kha hilft ihm bei der Bestattung unter aufgeschütteten Steinen in einer Art Hügelgrab. In der großen Tasche des Riesen finden wir nur Tierkadaver, stellen aber fest, dass der große Kerl hier in der Gegend seine Behausung haben muss. Also markiere ich die Stelle, wo ich eine Spur von ihm auszumachen glaube. Wir wollen später zurückkehren. Jetzt habe ich Zeit, mir den Thal näher anzusehen und stelle einzelne Knochenbrüche fest. Sein Jammern finde ich aber überzogen.

3. Juni
Der Oger wollte früh aufbrechen, sagt es wären noch rund zwei bis drei Tagesmärsche bis... tja, Val hat zwar etwas Trond gelernt, aber die Oger sind ja bekanntlich mundfaul und einfältig.

4. Juni
Blöder Tag und nur auf Stinktier sitzen und sich Felsen angucken ist langweilig. Wie soll ich da der größte Geisterbeschwörer meiner Zeit werden?

5. Juni
Die Strapazen der Reise haben sich gelohnt.

Wir kamen am Nachmittag zu einem begrünten Plateau, sehr malerisch von Felsen eingerahmt und in der Mitte einer Wand, ein knappes Stück hinter einer Biegung versteckt, war ein Höhleneingang auszumachen, vor dem vier Oger Wache standen. Jetzt endlich stellt sich der Ogeranführer maulig auf Nachfrage von Val als "Daraff" vor. Er führte uns in ein weit verzweigtes unterirdisches Höhlensystem, einzelne Wohnhallen des hier wohl beheimateten Ogerclans mit vielen tapsigen männlichen und weiblichen Exemplaren passierten wir. Auch Oger-Kinder waren dabei. Dann endlich kamen wir zu einer andersartigen Höhle, in der sehr fein gearbeitete Gegenstände zu sehen waren. Vor uns stand eine große Person - schmaler jedoch von der Statur her als die Oger - und auch kleiner und von unbestimmbarer Art. Diese Person schickte sogleich Daraff fort und bat uns Platz zu nehmen, da es viel zu bereden gebe. Das Wesen stellte sich als "Geld` a`moo" vor, als Mondwächter des Nordens. Er erklärte, dass der Mondkult eine Vereinigung gegen dunkle Gefahren, gegen die Wesen aus dem Jenseits sei.

"Der Kult", so der Wächter weiter, "ist eine alte Verbindung, die gerade in dieser Zeit der Welt wieder an Bedeutung gewinnt, in der Epoche, in der die Welt von den Übeln überschwemmt wird." Die Gestirne hätten ihm von uns berichtet und er sei stets beobachtend bei unserem Weg durch die Gefahren dabei gewesen. Mir fiel jetzt bei diesen Worten auf, dass ich einst, vor dem Ogerüberfall auf das Sklavenlager ein Gesicht in den Wolken zu erkennen glaubte, mir aber nicht sicher war. Nun war ich mir allerdings sehr sicher, dieses Gesicht wieder vor mir zu sehen - direkt vor mir quasi.
Dann sprach Geld` a`moo in kurzen Zügen von einem so genannten "Spiel der Erhabenen" und bot uns an, Figuren dieses Spiels zu werden. "Ich habe euch den ganzen weiten Weg kommen lassen, da ihr auserkoren seid, Figuren in diesem Spiel zu werden", sagte er wörtlich. Er zeigte mir ein Schachbrett, so jedenfalls sah es im ersten Augenschein aus, und gab seine Erklärungen dazu ab. Ich habe hier nun einige Aufzeichnungen getätigt, die von meinen anderen Aufzeichnungen abweichen. In der Tat willigten wir ein, als "Bauern" auf der Seite Gonnths, dem großen Gott im Konzil der Macht, in das Spiel einzutreten. Hier erscheint es mir wichtig, dass wir uns über alle beteiligten Mächte Gewissheit verschaffen, alle Einzelheiten niederschreiben und das Spiel zu begreifen beginnen, in dem wir auserkoren sein sollen, eine Rolle zu übernehmen.

Das Spiel der Erhabenen (Gedh Mekah), unvollständige Aufzeichnung des Moriater Gulgaur, gemäß den kryptischen Aussagen des Geld` a`moo, dem Mondwächter des Nordens (man nennt ihn auch das Opfer?)

es gibt vier Mondwächter + vier Mondwanderer,
die Mondwächter sind in den vier Himmelsrichtungen verteilt,
die Mondwanderer bewegen sich auf Nord-Süd und West-Ost-Achse,
die Mondwächter leiten die Geschicke der Spieler,
Gonnth ist "der Spielführer" auf der Seite des "Guten",
Jeder Zug der einen Seite erzeugt einen Gegenzug der anderen.

"Morgen werden wir ein Initiationsritual vollziehen", erklärte Geld` a`moo und schickte uns in die Nachtruhe.

6. Juni
Jetzt sitze ich hier unter dem Sternenhimmel und schaue mir den Mond an. Der Vollmond gibt mir Zeit und ich habe Muße, den Tag Revue passieren zu lassen. Morgens kamen wir wieder zurück zu dem Mondwächter des Nordens. Er hatte das Ritual vorbereitet. Auf einem altarartigen Podest standen verschiedene Krüge und Schalen, in denen offensichtlich Tierteile, Sekrete, Kräuter aufbewahrt wurden. Dazu konnte ich vier Töpfe ausmachen. Geld` a`moo mischte bei diesem Ritual eine dunkle, trübe Tinktur in den Töpfen zusammen. Vier Federn lagen vor den Behältnissen parat. Dann fragte er uns, wer beginnen möchte und der unerschrockene Hüne begab sich zum Schamanen. Geld` a`moo bat uns in der Folge der Reihe nach vorzutreten, damit wir eine Art Tattoo-Bemalung an unseren Köpfen anbringen ließen. Ich persönlich bevorzugte als Platz für die Tattoowierung eine Stelle leicht oberhalb meines Haaransatzes, damit - wer konnte schon wissen, ob der Mann zeichnen kann - dies nicht sofort von Jedermann zu sehen sei. Dafür schabte er mir etwas vom Haar weg, was mir Schmerzen bereitete. Ein Friseur war der Mondwächter sicher nie gewesen. Das Zeichen, das er uns allen malte war eine Mondsichel mit bei jedem von uns unterschiedlicher Umrahmung. Dann sagte er uns, dass wir zur Vervollkommnung des Rituals unter dem Mond zu schlafen hätten. Unter dem Vollmond. Und so sitze ich hier nun und warte den Schlaf ab.

7. Juni
Als wir aufwachten waren wir beseelt von neuen Kräften. Ich persönlich fühlte mich in meiner Gesamtkonstitution besser gewappnet gegen die uns sicher noch häufiger drohenden Gefahren. Nach einem kleinen Imbiss trafen wir wieder mit Geld` a`moo zusammen. Wir plauderten und als wir dann von diesem "See der Alten" berichteten, an dem wir auf unser langen Reise vorüber gekommen waren, da rumzelte er die Stirn. Als wir dann das eigentümlichen Ei am Grunde des Sees erwähnten, da wuchs seine Nachdenklichkeit noch und er holte einen alten Folianten hervor. Nach einigem Blättern und Wälzen des großen Schmökers sagte er: "Ihr müsst da wieder hin! - Eile ist geboten." Sicher, so der Wächter, plane die Gegenseite schon ihre Schritte. Wir aber müssten vor den bösen Mächten dort sein, um das Ei zu bergen. Für den dafür nötigen Tauchgang versprach er uns Hilfe. Auch erklärte er sich bereit, Lehrgeister herbei zu rufen, die Kha und Thal wertvolles Wissen beibringen sollten. Diese stiegen dann auch aus einem von ihm entzündeten Lagerfeuer in der Form ihres jeweiligen Totems, dem Fisch und dem Bären, empor. Dann brachte er uns auch den Mond-Kodex bei, der da lautet:

Außergewöhnliche Fähigkeiten
Ausschließlich Edle Motive
Aufopferungsvolle Hingabe und
Überirdische Treue

Dann gaben wir ihm noch das Horn, das Blut und die Mähne vom erlegten Schwarzen Einhorn sowie zwei Chimärenköpfe, damit er uns aus diesen Zutaten ein feines Artefakt arbeiten könne. Zwar dauere dies, so wie er sagte, viele Monate, doch wir willigten ein, da wir uns von den Fähigkeiten des ehrwürdigen Schamanen eine Menge versprachen. Mir brachte er noch den Zauberspruch "Geisterratschlag" bei, wobei ich noch nicht genau weiß, was man mit dem so alles anstellen kann. Vielleicht spreche ich den Zauber einfach einmal und schaue mir an wie er wirkt. Wie damals bei den Todesvisionen...