Chemlon, irgendwo im Lande Norgroth des Jahres 703

18. März
Wir beschlossen, noch einige Tage am "See der Alten" zu verweilen. Immer noch flickschuhstere ich an der Wunde des She`Daan herum. Ich habe viel zu lernen, denn die mir zur Verfügung stehenden Heilkünste reichen nicht aus, seine hässliche Fleischwunde zu schließen, Aber wie sagt man unter Menschen doch? Die Zeit heilt alle Wunden. So auch diese. Mir gibt die Rast Muße, um Gedanken über die dies - und jenseitigen Welten anzustellen. Leider sind meine Kleider ein wenig durchnässt und mein Schuh hat ein kleines Loch, mich dürstet es nach berauschenden Getränken und... Dieser Norden ist ein Elend an sich, sagte ich.

23. März
Endlich geht die Reise weiter. Mittlerweile glaube ich, dass wir vielleicht besser doch sofort gen Süden gezogen wären. Die Pfade der Götter sind aber unergründlich.

24. März
Wann wird endlich mal wieder richtig Sommer? Scheißwetter! Ich muss einmal wieder einen Totenacker besuchen, um mir meine Seele von der dort empfundenen, morbiden Glückseeligkeit, von dieser endlosen Ruhe dort, glätten zu lassen. Dass ich neulich am See kein Glück mit meiner Zauberei hatte, bringe ich in diesen Zusammenhang. Mein Naturell braucht seine Streicheleinheiten. Alles was ich jetzt auf der Reise mache, ist heilendes Unkraut vom Wegesrand aufzulesen. Das stinkt mir gehörig. Warum finde ich nicht die Zutaten für ein besonders heimtückisches Gift ? Die Anderen nötigen mich ja fast zum Suchen nach Heilzeugs!

30. März
Das Gelände auf dem wir dahinziehen wird hügeliger und felsiger. Einzige Konstante ist das fürchterliche Wetter. Ich taufe die Gegend "Land des leidigen Regens" und werde meine Aufzeichnungen einschränken müssen. Drei Seiten wurden mir beim nächtlichen Dauernieseln aufgeweicht.

18. April
Jetzt habe ich ausreichend Zeit, einen Eintrag in meinem Tagebuch zu verfassen. Alle Knochen schmerzen noch, kann kaum meinen Federkiel halten und in das kleine Tintenfässchen tauchen. Was war mir zugestoßen? Meine Mitstreiter können sich bis heute keinen rechten Reim darauf machen. Ich habe den Tod eines von uns gefundenen Windelfen nachempfunden und hatte so die Erinnerung, den Schmerz und die Wunden geteilt. Der kleine, tote Körper lag auf einer Anhöhe, war offensichtlich mit wassertriefenden Flügeln, kein Wunder bei dem Mistwetter, vom Himmel gefallen. Genau dieses sah ich beim Erleiden des Todesaugenblicks, den ich mittels Zauberei nachempfand. Was allerdings ein Fund besonderer, unser Interesse weckender Güte war, will ich berichten. Eine Schatzkarte lag in der ledernen Tasche des Toten. Und auf dem Stück Pergament sahen wir deutliche Markierungen, die den Weg zu einem - so malten wir uns aus - großen Hort kostbarster Gegenstände weisen könnte. Ein mächtiger, krummer Baum, eine Gruppierung Felsen und dann sollte man schon auf eine Höhle stoßen. Und sogar ein Kreuzchen war eingezeichnet, was in jeder Epoche schon ein eindeutiger Hinweis für Abenteurer gewesen ist, dort nach feiner Beute zu suchen. Aber leider mussten wir wegen meiner boshaften Verletzung einige Tage hier lagern. Val`Kiisar, mein kleines Brüderchen, lächelt mir angesichts meiner Bettlägerigkeit ein wenig zu oft. Auch neigt er zu Unausgeglichenheit, Herrsch- und Streitlust sowie einem schnell aufbrausenden Gemütszustand. Ständig will er mir meine feinen Kräuterchen aus der Tasche nörgeln. Da darf er mir beim Suchen helfen, ich weise ihn ein und zum Dank zeigt er sich unzufrieden mit der ihm zugeteilten Portion. Bei Gelegenheit muss ich ihm mal die Leviten lesen, dem Bücherwurm! Thal Rhasank hingegen bleibt an meinem Krankenlager während die anderen Beiden die Umgebung durchkämmen.

23. April
Ich ahnte das ja! Gestern kam es noch zum handfesten Streit mit dem Dunkelbrüderchen Val. Letztlich gab ich nach und habe mein Gesicht gewahrt durch besondere Großzügigkeit. Familienzwist... Ich bin wieder frisch wie ein junger Held, meine Verletzungen sind auskuriert, ich nahm meine eigene Heilung in die Hände und hatte großen Erfolg. Meine Hände können Wunder vollbringen, heilende Wunder, stelle ich fest!
Morgen ziehen wir los.

27. April
Wir haben den krummen Baum entdeckt, sind entsprechend der Karte bis zur Felsformation gekommen und konnten auch den Weg zur Höhle zurücklegen. Irgendwie ist mir unwohl in der Haut, denn der Eingang ins Dunkel hat überdimensionierte Ausmaße. Jedes wilde Tier könnte da reinpassen. Wir treffen also unsere Vorbereitungen. Thal soll vor dem Eingang Wache schieben. Ich werde einen besonders großen Geisterwolf erschaffen, der uns begleiten wird. Auch werden wir eine Reihe von seltenen Kräutern schlucken, um unsere Sinne zu schärfen. Denn unserer Ansicht nach bedeuten gewisse unklare Zeichen auf dem Pergament der Karte Gefahr. Irgendetwas wird sicher dort auf uns lauern. Der dicke Hüne ruft mir grade zu, dass es losgeht. Nun denn!

28. April
Mein von mir häufig gescholtener Brüder Val hat einen glücklichen Sieg für uns errungen. Der große Hüne war bereits gefällt und lag danieder, ein fürchterlicher Schlag, der mir mein Lebenslicht leicht hätte kosten können stand bevor, aber Val wendete das Schicksal und legte die Achtbeinerin in den Staub. Der Reihe nach: Wir betraten die Höhle. In der Dunkelheit fühlte ich mich wohl... Wir gingen einen Gang, der zur rechten Seite einen Halbkreis beschrieb. Wir eilten voran, denn die Wirkdauer der speziellen Kräuter war von begrenzter Dauer. Etwas überrascht waren wir dann allerdings, als wir von hinten einer Attacke ausgesetzt waren. Zwei achtbeinige, tiefschwarze Spinnen griffen uns an. Die Götter seien gepriesen, dass Val zuvor unsere Widerstandskräfte gesteigert hatte, denn die Ekeltiere verfügten über eine Art Gift. Die Monster waren rund einen dreiviertel Meter hoch und Val musste einen Treffer hinnehmen, ich hingegen wich aus. Aber schon im Gegenzug machen wir die Spinnen platt. Kha`na und der Geisterwolf schlugen und schnappten sie. Unsere Zauber Geschoss des Grauens und Verdorren ließen wir auch vom Stapel. Alles in allem zwar eine Überraschung, doch kein Problem.

 

Vom hinterhältigen Angriff gewarnt, schlichen wir nun noch vorsichtiger weiter. Der Hüne auf dem Geisterpferd und mein Zauberwolf voran. In der nächsten Kaverne zur linken Hand sahen wir eine durchaus sehr viel größere Spinne auf uns zulaufen. Der She`Daan schrie aufgeregt "Die Spinne!" und wir blickten auch schon in die dunklen Facettenaugen des Tiers, dessen Hauer uns bedrohlich näher kamen. Der Hüne ward auch schwer getroffen, gemeinsam überwanden wir aber letztlich das haarige Schreckenswesen. Kha`na atmete tief durch. In dieser schon etwas größeren Einbuchtung fanden wir lediglich Orkskelette und Kleiderreste von einem vergangenen Spinnenfestmahl. Eine tiefe Nase Luft sog ich ein, wohl wissend den köstlichen Verwesungsgeruch vielleicht so schnell nicht wieder einatmen zu können. Kaum das wir zwei weitere Schritte in die Richtung getan hatten, in der wir den Schatz zu vermuten hatten, bekamen wir es mit der Muttermonster-Riesenspinne zu tun, die vorherige Exemplare um einige meiner Körperlängen in den Schatten stellte. "Alav!", schrie der mutige Val und auch ich fühlte mich aus der Lethargie des Entsetzens, welche mich beim Anblick des Biestes befallen hatte, gerissen. Das Monster griff sofort unseren kessen Reiter an und der bekam kräftig eingeschenkt. Val und ich waren bemüht, jenem mächtigen Wesen unsere Zauber an den Hals zu hängen, doch bevor wir deutliche Wunden schlagen konnten, schlug Kha`nas letzte Stunde. Ein Hieb von einem Spinnenarm ließ ihn tot von seinem Geisterpferd purzeln. Nun tanzte das Spiel mit dem Tod unserer Gruppe auf des Messers Schneide eine Polka. Schicksalsergeben ließ sich mein Zauberwolf von der Spinne zerlegen und nun blieb nur noch eine Angriffswelle, bevor die Spinne ihre volle Aufmerksamkeit uns schenken würde. Val aber! Val mobilisierte die Kraft der Verzweiflung, landete einen Glückstreffer und tötete die Mutterspinne. Nachdem nun die Gefahr aus dem Weg geräumt war, heilten wir mit der Beigabe von Pilzen und Kräutern den Hünen. Und tatsächlich: der Schatz, den wir dann fanden, war wertvoll. Neben einer kleinen Anzahl von Silber- und Goldstücken, die wir zwischen Orkkadavern hervorfummelten, fanden wir einen magischen Ring, eine Elementaristenschriftrolle und zwei wertvolle Tränke. Na warte, Thal! - so dachte ich, erst nicht mit in die Spinnenhöhle kommen und dann später Reichtum abstauben! Meine verbalen Bemühungen, den Schatz nur durch drei zu teilen, Thal einfach den Fund zu verschweigen, wobei ich zudem zuerst den Kassenwart spielen wollte, wurden ausgebremst. Nun denn, wenn sie glauben, dass sie mich an der kurzen Leine halten können, dann wird ihnen eines Tages ein sehr blaues Wunder zukommen. Und Klagen will ich dann keine hören.