Es ist gut für einen Assassin, sich in einer Stadt, in der er "gearbeitet" hat, für eine gewisse Zeit nicht blicken zu lassen, damit die Justiz sein Werk nicht mehr so frisch vor Augen hat.

Wie bereits erwähnt beschloß ich also, für einige Wochen bei "Baragos" Unterschlupf zu suchen und die Zeit sinnvoll zu nutzen. Ich war jetzt erfahren genug, um neue Talente zu erlernen und das beansprucht immer einige Wochen Zeit und einen Lehrer. Nun, mein alter Lehrmeister war tot, aber zum Glück hatte ich beim "schwarzen Dolch" einen Lehrgeist gefunden, der diese Funktion ebenfalls ausfüllen kann. Es war zunächst sehr skurril, sich von einem Geist unterrichten zu lassen, aber schließlich gewöhnte ich mich daran. So führte mich der Geist in die Geheimnisse des 8. Zirkels ein.

Ferner hatte ich nun endlich die Zeit, mich ausgiebiger mit den erbeuteten Gegenständen zu beschäftigen. Diese waren von magischer Natur und ermöglichten es mir, meine eigene magische Aura mit Ihnen zu verweben und so die Macht der Gegenstände nach und nach kennen- und nutzen zu lernen. Ich war mit meiner Beute sehr zufrieden.

Zusätzlich verbrachte ich viele Stunden mit meinem Freund "Baragos", der sehr viel über Dämonen zu berichten wußte, was mir diese Wesen nicht symphatischer machte, wohl aber mein Wissen über sie mehrte und das kann sicher nochmal von Nutzen sein. So erfuhr ich auch, dass der "Traumwandler", wie er den Dämon nannte, derjenige war, der in meinen Gedanken zu mir sprach, bis "Baragos" ihn bannte. Dieser Dämon hat offenbar ein grosses Interesse an den Geschehnissen, die mit den 6 Fragmenten des Kristalls zusammenhängen. Ferner war er verantwortlich für ein Massaker auf der Kralle zum Ende des 2. Zeitalters, als einige Schiffe mit Halbogern auf dem Weg zu den nördlichen Kriegsschauplätzen von ihm dazu gebracht wurden, auf der Kralle für ein Massaker zu sorgen. Ausserdem verlor ich so langsam wieder meinen Argwohn gegenüber der Profession des Geisterbeschwörers, ja ich begann sogar, mich für diese zu interessieren. So erlernte ich von "Baragos" noch die sehr nützliche und interessante Fähigkeit, einen kleinen unsichtbaren Geist zu beschwören, der über mich wachen und mich bei Gefahren alarmieren kann.

So vergingen die ersten 3 Wochen und "Arante", der Schüler von "Baragos" kam einmal pro Woche vorbei und unterrichtete uns von den neusten Geschehnissen aus "Aynua".

Am 5. Juni kam aber vor der eigentlichen Frist von einer Woche völlig aufgebracht zu uns und erzählte von einem sehr sonderbaren Ereignis. Es sollte ein Drache - jawohl ein leibhaftiger DRACHE - über "Aynua" gesichtet worden sein und dieser hat angeblich sogar etwas über der Burg von König Timal abgeworfen. Das war eine Botschaft, die doch ein wenig Unbehagen bei mir auslöste.

Einige Tage später, am 11. Juni in der Nacht rief mich "Baragos" in seinen Turm. Von dort aus konnte man ein starkes Leuchten am nördlichen Horizont erkennen. Das konnte nur eines bedeuten: Aynua stand in Flammen. Wir beschlossen, dass es das beste wäre, sich ruhig zu verhalten und auf Nachrichten von "Arante" zu warten. Dieser kam auch prompt am nächsten Tag und berichtete, dass der Drache erneut erschienen war und das er diesmal einen verheerenden Angriff gegen den Westteil der Stadt geführt hat. Der Angriff galt offenbar dem Gasthaus "Lords Erbe", hat aber auch die gesamte Umgebung in Mitleidenschaft gezogen. Es war an der Zeit für mich, selber einige Nachforschungen anzustellen, die Sache war langsam einfach zu interessant.

Am 13. Juni machte ich mich also - in der Maske von "Finn" - auf nach "Aynua" um mir selber ein Bild von den Ereignissen zu machen. Schon mehrere Meilen vor der Stadt war der Geruch von Schwefel zu bemerken. Ein Gefühl von großem Unbehagen bemächtigte sich meiner. Ich betrat "Aynua" bewußt durch das Südtor und begab mich von dort aus nach Nordwesten. Nach der Hälfte meines Weges erreichte ich eine Straßensperre von Asgya-Gardisten. Dahinter konnte man schon die Ausmaße der Zerstörung sehen. Die Flammen brannte zum großen Teilen immer noch. Ich wußte aus Büchern über Drache, daß ein Drachenfeuer ein verheerendes Unheil sein kann, jetzt konnte ich mich davon mit eigenen Augen überzeugen. Eines stand für mich in jenem Augenblick fest. Einer solchen Bestie möchte ich mich niemals Auge in Auge gegenüber sehen.

Nach einigen Minuten des Staunens errang die praktische Seite meines Wesens dann wieder die Überhand und ich begann, die Umgegend genauer zu erkunden. Dazu erschien es mir sehr praktisch, selbst die Rolle einen Gardisten anzunehmen und deshalb tat ich dies dann auch. So begab ich mich zum Gasthaus "Lords Erbe", wo sehr viele Leute sehr viele Dinge aus dem Keller zu schleppen schienen. Ich reihte mich ein und betrat den Keller des "Lords Erbe" - besser sollte ich sagen: die Kellergewölbe - und war erstaunt. Es handelte sich um einen ausgedehnten unterirdischen Komplex mit Unmengen an Hehlerware. Offensichtlich hatte der Drache die scheinbar größte Diebesgilde im Süden Chemlons angegriffen - bewußt oder unbewußt - und das war schon sehr merkwürdig. Nachdem ich mich wieder aus den Gewölben und der Sichtweite der Gardisten gebracht hatte - wobei ich um das Schleppen einiger Waren zu den Karren der Garde nicht herumkam - machte ich mich zu den einschlägigen Gasthäusern von "Aynua" auf um mehr zu erfahren.

So erfuhr ich im Laufe des Nachmittags, daß der Drache scheinbar tatsächlich etwas über der Burg fallen lies. Es handelte sich dabei offensichtlich um eine Botschaft. Der Drache forderte die Herausgabe eines bestimmten Gegenstands von dem Besitzer des "Lords Erbe". Timal hatte ein Frist erhalten, innerhalb derer er den Besitzer zur Herausgabe bringen sollte. Meine Informanten waren sich alle einig, dass sie nicht in dessen Haut stecken wollten. Es interessierte mich schon sehr, wer denn dieser ominöse Besitzer des "Lords Erbe" wohl sein könnte, aber es gab andere Dinge, die zunächst wichtiger waren, denn neue Abenteuer wollten bestanden werden, beziehungsweise in meinem Fall wollte ein altes weitergeführt werden. Ich hatte schließlich immer noch eine Rechnung mit einem Mönch offen, denn dieser hatte etwas, das ich nun beanspruchte, das 6. Fragment. Deshalb entschied ich mich, zunächst zu "Baragos" zurückzukehren, meine angefangenen Tätigkeiten zu beenden und mich erst dann anderen - interessanten - Dingen zuzuwenden.

"Arante" zufolge blieb der Drachenanschlag das bestimmende Thema in "Aynua" in den folgenden Wochen. Zu meinem Erstaunen - und meinem extremen Mißfallen - hatte Arante aber auch noch eine weitere Botschaft. Ich hatte ihn gebeten, sich über die Ereignisse im Zusammenhang mit dem Tod des "schwarzen Dolches" umzuhören und er erfuhr, daß es sich bei dem "schwarzen Dolch" wohl um eine Gruppe von 3 Assassinen handelt und nicht nur um einen Einzelgänger - noch mehr Arbeit also.
Weiterhin erzählte "Arante" davon, dass ein Dämon der Schwerter in der direkten Umgebung von "Aynua" gesichtet wurde - ein eindeutiges Zeichen für die Verschlechterung der Lage des Südens.

"Baragos" erwähnt nebenbei - es war am 10. July - dass demnächst ein grosses Treffen der Geisterbeschwörer, das "astrale Konvent" in "Assur" stattfinden würde.

Am 24. July folgte dann eine weitere Schreckensmeldung. Ein Mönch im Tempel von Geladion wurde umgebracht. Ich konnte eine Unmutsbekundung ob dieser Nachricht nicht verhindern - das musste der Besitzer des letzten Fragmentes sein. Jetzt wurde ich wirklich rastlos und verdoppelte meine Anstrengungen, um meine Angelegenheiten zu einem Ende zu führen.